Der pflanzliche Warenkorb der AMA-Marketing wird voller. Befanden sich darin lange Obst, Gemüse und Erdäpfel, kamen heuer die Ackerfrüchte bzw. Getreide, Mehl und Backwaren dazu – im kommenden Jahr plant man das Portfolio auf Hülsenfrüchte auszuweiten. Damit geht man mit dem globalen, vor allem aber auch dem lokalen Ernährungstrend. Denn der Fleischkonsum sinkt österreichweit – zwar nur leicht, aber stetig, wie die regelmäßig durchgeführte Roll-AMA-Analyse zeigt.
Der Anteil der deklarierten Veganer ist mit fünf Prozent (laut Vegane Gesellschaft Österreich) zwar klein, doch eigentlich sind es die Flexitarier, die den Lebensmittelmarkt der Zukunft beeinflussen – darüber waren sich die Experten beim ersten „AMA-Forum Pflanzlich“ einig.
Lustvoll genießen
„Der Gesundheitsmarkt ist die neue Popkultur“, behauptet Zukunftsforscherin und Retail-Expertin Theresa Schleicher, die regelmäßig Umfragen zum Thema Lebensmittelkonsum durchführt. Gesundheit und Fitness haben in der neuen Generation einen extrem hohen Stellenwert. Gleichzeitig wollen diese Menschen auf nichts verzichten. Mit bewussten Lebensmitteln genießen, heißt die Devise – und zwar ohne mahnenden Fingerzeig. Denn ein Produkt wird nicht gekauft, nur weil es vernünftig oder korrekt ist, sondern weil es gut schmeckt. „Richtig gutes Convenience-Food“, bei dem man kein schlechtes Gewissen haben muss, wünschen sich die Befragten außerdem.
Die Expertin weiß, wie die neue Food-Mitte aussieht: 73 Prozent der Teilnehmer wünschen sich pflanzenbasierte Lebensmittel, 65 Prozent legen Wert auf Verpackungsfreiheit und für 62 Prozent spielt Saisonalität eine wichtige Rolle. Dass der Inhalt des tatsächlichen Warenkorbs oft anders aussieht, beweist der Kassenbon. Vielen ist bewusstes Einkaufen zu kompliziert, zu teuer oder zu rational. „Das Sortiment der Zukunft darf den Aspekt der Freude nicht verlieren“, betont Schleicher. Außerdem müsse der Preis stimmen, ansonsten verfliege die Begeisterung für ein Produkt auch wieder schnell.
Öfter verzichten
In Österreich ernähren sich nur zwei Prozent vegan, wenn man die Haushalte betrachtet. Bei 70 Prozent kommt Mischkost auf den Teller, wobei hier der Trend zu flexitarischer Ernährung steigt. Diese Personen verzichten bewusst öfter auf Fleisch, ernähren sich aber nicht rein pflanzlich. Als Gründe für die Fleischreduktion nannte Micaela Schantl, Marktforschungsleiterin der AMA-Marketing, Gesundheit, gesellschaftliche Gründe und Tierwohl. Die vegetarische Zielgruppe beschreibt Schantl als eher weiblich, zwischen 30 und 50 Jahren alt. Veganer findet man unter den ganz jungen, aber auch mittleren Altersstufen – mit höherem Männeranteil. Der klassische flexitarische Haushalt ist eher weiblich, 50 plus und legt Wert auf gesunde Ernährung.
Auch Regionalität spielt eine wichtige Rolle bei der Kaufentscheidung: Musste man in der Herstellung noch vor wenigen Jahren auf Rohstoffe aus dem Ausland zurückgreifen, so kommen Soja oder Hafer heute zum Großteil aus Österreich. So könne die heimische Landwirtschaft unterstützt werden und die Wertschöpfung in Österreich bleiben, unterstrich Felix Hnat, Obmann der Veganen Gesellschaft Österreich. Er sieht hier auch die Politik am Zug und nannte Dänemark und Frankreich als Vorbilder, wo großzügig und zielgerichtet gefördert und investiert wird.
Von vegan zu pflanzlich
Dass Veganismus in der Gesellschaft ein durchwachsenes Image hat, ging ebenfalls aus einer AMA-Analyse hervor. 41 Prozent sind etwa der Meinung, Fleisch-Alternativen „können tierische Produkte nicht ersetzten“. Scheinbar geht es aber nicht um ein Etweder-oder, sondern vielmehr um eine Ergänzung des Angebotes. „Der Begriff vegan kann abschreckend wirken“, räumte auch Hnat ein, genauso wie Verena Wiederkehr von Billa. Aus diesem Grund hat der Supermarkt sein Wording von „vegan“ in „pflanzlich“ geändert.
Auch wenn der Konsument pflanzliche Lebensmittel oder Fleisch-Alternativen kauft, heißt das nicht, dass er sich ausschließlich fleischlos ernährt. Denn die wichtigste Zielgruppe veganer Lebensmittel seien Flexitarier, wie Hnat betont. Selbst bei VeggieMeat, einem heimischen Unternehmen, das Fleischalternativen herstellt, stellen Flexitarier seit drei Jahren eine wichtige Kundengruppe dar.
Der Trend zur pflanzlichen Ernährung ist also nicht zu leugnen und auch kein vorübergehendes Social-Media-Phänomen, war man sich beim AMA-Forum einig. Schließlich verkauft Ikea bereits 40 Prozent der beliebten Fleischbällchen in der pflanzlichen Variante – und auch bei Burger King geht fast jeder sechste Burger pflanzlich über den Tresen. Ein Trend mit Zukunft, für bewussten, abwechslungsreichen und lustvollen Genuss.