„Die Erlebnisse, die wir unseren Kunden bieten, sind ausschlaggebend für den Erfolg eines Unternehmens“, so die Überzeugung von Erich Mayer, Präsident des Finanz-Marketing Verbandes Österreich. Doch wie zufrieden sind Kunden mit der Performance ihrer Bank – egal ob online oder in der Filiale – und welche Best Practice-Beispiele gibt es aus anderen Branchen? Diesen Fragen ging man im Rahmen des Financial Breakfast auf den Grund.
Jedes Login ein Erlebnis
„Wir haben uns der absoluten Kundenorientierung verschrieben“ beschreibt Martin Hauer als Vorstandsdirektor Privatkunden der Raiffeisen Landesbank NÖ-Wien seinen Antrieb im Bereich Customer-Experience (CX). Das gilt sowohl für den digitalen als auch analogen Bereich. „Unsere Kunden dürfen sich aussuchen, wie sie ihre Bankgeschäfte erledigen“, unterstreicht Petra Postl, Geschäftsführerin von Raiffeisen Digital, wobei man versucht, vermehrt digitale Lösungen zu schaffen, um den administrativen Aufwand zu reduzieren und damit mehr Zeit für hochwertige Beratung zu schaffen. 600 Millionen Logins verzeichnet man bereits pro Jahr, was gleichzeitig 600 Millionen digitale Kundenerlebnisse bedeutet.
Im Bereich Versicherung ist es um ein Vielfaches schwerer, diese Zahlen zu erreichen. Nur ein- bis zweimal im Jahr öffnen Kunden ihre Versicherungs-App im Durchschnitt. Dass es aber auch hier Erfolgsmodelle gibt, beweist die App von „Vitality“. Dank des inkludierten Fitnesstrackers und der Möglichkeit Awards zu sammeln, ist hier die Öffnungsrate deutlich höher. Dass es prinzipiell nicht um eine Klickrate, sondern um ein positives Kundenerlebnis geht, steht aber außer Frage. Alexander Oborny, Projekt Manager bei EFS-Unternehmensberatung, berichtet, dass zwar 80 Prozent der CEOs glauben, ein hervorragendes Kundenerlebnis zu bieten, aber nur 8 Prozent der Kunden dem zustimmen. Jedes Unternehmen muss also analysieren, was seine Kunden brauchen und erwarten.
Kundenbedürfnisse integrieren
Besonderes Augenmerk legt man bei Raiffeisen auf die Wünsche der Kunden, wenn es um die Entwicklung neuer Projekte geht. Die Bedienung einer App soll intuitiv und übersichtlich sein und Personalisierung ermöglichen. Nicht umsonst ist die „Mein ELBA-App“ heuer mit dem „App-Award 2025“ ausgezeichnet worden. Vor einem Jahr startete die Raiffeisen-Junior-App. Im Rahmen der Entwicklung lud man Kinder im Alter von rund elf Jahren ein, um gemeinsam mit den Verantwortlichen bei Workshops die Erwartung der Kinder zu analysieren. „Wir möchten die Kundenbedürfnisse in unsere Produkte integrieren“, erklärt Postl die interaktive Arbeitsweise.
Robert Sobotka, Geschäftsführer von TelemarkMarketing erinnert daran, neben den wichtigen Touchpoints „digital“ (App) und „analog“ (die Filiale), das Call-Center nicht zu vergessen. „Hier schafft man Customer-Experience“, ist der Marktforscher überzeugt, „hier darf man nicht sparen“. Laut seinen Analysen liefern Call-Center von Banken generell eine sehr gute Performance.
Für Fabrice Girardoni, Geschäftsführer der Berglifte Stuhleck, steht die Reduzierung aller „Painpoints“ für seine Kunden im Vordergrund. Kein Skifahrer möchte lange in der Warteschlange stehen. Daher analysiert man am Stuhleck die Bewegungsdaten der Gäste, informiert diese in der Folge über aktuelle Wartezeiten und könne auf diese Weise „direkt auf ein positives Kundenerlebnis einzahlen“.
Starke Marke
Dass die Marke eine zentrale Rolle bei der CX spielt, unterstrich Jürgen Leitner (EFS-Unternehmensberater). Das Image der Marke müsse unbedingt mit der CX zusammenpassen. Dafür müsse man die Außenwirkung des Unternehmens gegebenenfalls anpassen, wenn man intern neue Kanäle öffnet: „Agilität ist wichtig denn je.“ Und es gilt immer, die Kundenwünsche und die unterschiedlichen Demografien zu kennen. So bestellen in China etwa Kunden über die Plattform Alibaba ihr neues Auto. In Europa so gut wie undenkbar, doch China sei nach Deutschland unser zweitstärkster Markt, gab Leitner zu bedenken. Auch im Bankenbereich werden Kundenkontakte immer weniger und verschieben sich auf die digitale Ebene. Doch die Marke muss an allen Touchpoints erkennbar sein. „Es muss sich immer nach Raiffeisen anfühlen“, ist Petra Postl überzeugt.