Trockenheit und Hitzewellen machen den Agrarversicherern zunehmend zu schaffen – auch wenn das Risiko und damit die Schäden oft zwischen Erstversicherern und Rückversicherern geteilt werden. Global werden weltweit rund 44 Mrd. US-Dollar an Agrarversicherungsprämien an einen Erstversicherer bezahlt, wobei rund 85 Prozent auf Nordamerika und Asien entfallen und mehr als 11 Prozent auf Europa. Die Versicherungswirtschaft steht nach enormen Schadensummen – etwa vor knapp einem Jahrzehnt in den USA oder im Vorjahr in Brasilien – immer wieder vor der Frage, wie man das Risiko überhaupt kalkulieren kann.
Immerhin haben die Versicherungen beim Super-GAU in den USA im Jahr 2012 zum Teil das Mehrfache ihrer Prämieneinnahmen aus der Ernteversicherung auszahlen müssen. Die Dürre in Südbrasilien im Vorjahr führte dazu, dass viele lokale Versicherungen bei der Ernteversicherung das Handtuch warfen. Allein der weltweit führende Rückversicherer Munich Re hatte Dürreschäden in der Rückversicherung von 130 Mio. Euro im zweiten Quartal 2022 aus diesem Wetterereignis ausgewiesen. In Europa ist in erster Linie der Süden des Kontinents von Trockenheit betroffen. Experten erwarten heuer in Spanien ein besonders schwieriges Erntejahr mit Rekordschäden aus der Trockenheit von bis zu 450 Mio. Euro.
Auch Österreich betroffen
Auch in Österreich sind die Dürreschäden mittlerweile die Hauptbelastung für die Landwirtschaft, wie die Zahlen der Österreichischen Hagelversicherung, die die Landwirte gegen Wetterkapriolen versichert, zeigen: Heuer belaufen sich die versicherten Schäden bisher insgesamt auf rund 250 Mio. Euro, davon entfällt der Großteil von 170 Mio. Euro auf Dürreschäden. In den vergangenen zehn Jahren überschritten diese eine Mrd. Euro, erklärt Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Hagelversicherung, und betont: „Allein kann man die Schäden nicht decken, daher braucht man auch Rückversicherer.“ Wie viel des Risikos an eine Rückversicherung ausgelagert werden muss, treffe man in einer Risikoanalyse. Der größte Partner für die Hagelversicherung ist die Swiss Re, gefolgt von der Munich Re.
Dürren haben große Auswirkungen in der Landwirtschaft, von Ernteausfällen und vermehrtem Auftreten von Pflanzenkrankheiten bis hin zu Totalschäden. Bei anhaltenden oder häufig wiederkehrenden Dürreperioden werden Böden und Flora geschädigt. In den nächsten Jahren ist mit steigenden Kosten zu rechnen, denn: „Viele wetterbedingte Naturkatastrophen werden häufiger oder heftiger. Das ist auch eine Folge des Klimawandels. Das Klimasystem hat eine hohe Trägheit. Auch wenn wir den CO₂-Ausstoß sofort stoppen, werden wir in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren die Folgen der fortschreitenden Erwärmung immer stärker sehen. Anpassung ist daher neben der Emissionsreduzierung entscheidend“, betont Andreas Lang, Klimaexperte von Munich Re.
Geförderte Prämien
In vielen Teilen der Welt sind die Landwirte derartigen Naturereignissen schutzlos ausgeliefert, weil eine Prämie für eine Agrarversicherung ohne staatliche Subventionen wie in den USA, in Asien oder in Österreich im Grunde nicht finanzierbar ist. In Österreich werden 55 Prozent der Prämie vom Staat gefördert, was durchaus auf international üblichem Niveau liegt. Im größten Agrarversicherungsmarkt der Welt, den USA, sind es 63 Prozent.
Von der Prämienförderung profitiere aber nicht nur der Landwirt, sondern auch letztendlich der Staat, erklärt Weinberger. Denn vor der Einführung der geförderten Prämie habe der Staat die Schäden in der Regel aus dem Katastrophenfonds decken müssen. „À la longue kommt es dem Staat billiger, weil sich auch die Landwirte über ihre Prämie an den Schäden beteiligen. Und der Landwirt hat einen Rechtsanspruch auf Entschädigung und ist nicht abhängig von irgendeiner politischen Konjunkturlage“, fasst Weinberger die Vorteile zusammen. Diese kann nun auch in Bayern genutzt werden, das heuer als erstes deutsches Bundesland eine geförderte Mehrgefahrenversicherung eingeführt hat. Es wird erwartet, dass das System sukzessive in ganz Deutschland Fuß fassen wird.