EC Kitzbühel: „Nichts ist unrealistisch“

Die Adler Kitzbühel kämpfen trotz eines großen Umbruchs um die Tabellenspitze in der Alps Hockey League, der zweithöchsten Spielklasse im Eishockey. Präsident Volker Zeh erklärt, wie sich der Tiroler Traditionsklub immer wieder neu erfindet.

Es ist ein ständiger Kampf und er wird immer härter, daran lässt Volker Zeh keinen Zweifel. „Am Ende ist es stets eine Frage des Geldes“, sagt der gebürtige Schwabe und Wahl-Tiroler, der seit 2017 das Präsidentenamt beim EC Kitzbühel innehat. Seitdem ist es ihm gelungen, die Jugendarbeit großflächig auszubauen und immer eine konkurrenzfähige Kampfmannschaft in der zweithöchsten Liga an den Start zu bringen. „Aber auch wir haben mit der Wirtschaftslage zu kämpfen und müssen uns jeden Euro hart verdienen“, sagt der 59-jährige Unternehmer. „Das ist nicht immer einfach, wobei wir die Rückendeckung der Stadt und starker Partner und Sponsoren genießen.“

Diese Gemengelage führte jedenfalls dazu, dass im vergangenen Sommer eine Zäsur hermusste. 80 Prozent des Kaders wurden ausgetauscht, Verjüngung und damit verbundene Kostenminimierung waren das Credo. Knapp 23 Jahre beträgt nun das Durchschnittsalter beim EC Kitzbühel, die aber trotzdem rund um das obere Tabellendrittel kreisen. In den ersten neun Spielen gelangen den Youngsters sogar acht Siege, man stand an der Tabellenspitze. „Da war richtig was los bei uns in der Halle, die Euphorie war spürbar“, frohlockt Zeh. Zwar folgte danach eine kleine Durststrecke mit vier Niederlagen in Folge, die aber durchaus mit Verletzungspech, langen Auswärtsfahrten nach Kroatien (die Alps Hockey League ist international) und fragwürdigen Schiedsrichter-Entscheidungen zu erklären war.

Lange Tradition

Man ist jedenfalls noch immer im Bereich der eigenen Zielsetzung, die da lautet: „Wir möchten auf jeden Fall fix in die Play-offs kommen, dafür ist ein Platz unter den ersten fünf nötig.“ Der Ehrgeiz verwundert nicht, schließlich blickt man in Kitzbühel (Zeh: „Nach Skifahren ist Eishockey hier die Sportart Nummer zwei!“) auf eine lange und durchaus erfolgreiche Tradition zurück. Bis Anfang der 70er-Jahre spielte der Verein in der Nationalliga A beziehungsweise der Bundesliga, was den seinerzeit höchsten Spielklassen entsprach.

Danach folgte ein schleichender Niedergang bis in die vierte Leistungsstufe, wobei es sogar Jahre gab, in denen man keine Kampfmannschaft stellte. Seit 2014 ist der EC Kitzbühel, wie der Klub seit seiner Gründung auch heißt, wieder zweitklassig. Und ringt dabei so ein bisschen mit sich selbst, wohin die Reise eigentlich gehen soll.

Ehrgeizige Ziele

„Als ich 2017 angetreten bin, war schon die Vision da, es in die ICE HL (Anm.: höchste Spielklasse) zu schaffen. Aber dafür bräuchten wir ein Budget von drei Millionen Euro, das auf fünf Jahre abgesichert wäre, das ist ein richtig dickes Brett“, verrät Zeh, der diese Pläne trotz aller Schwierigkeiten nicht ad acta legen will. „Nichts ist unrealistisch, das ist fest in meiner DNA verankert“, sagt der Geschäftsmann, der sich vor allem in der deutschen Metallbranche einen Namen gemacht hat. 

Ehrgeiz, der sich unter anderem an der Bestellung des Trainerteams ablesen lässt. Chefcoach ist seit Sommer 2022 Marco Pewal, als Spieler bei Branchengrößen wie Villacher SV und Red Bull Salzburg eine große Nummer und 68-mal für das österreichische Nationalteam auf dem Eis. Bei ihm gerät Zeh regelrecht ins Schwärmen. „Menschlich herausragend, ein akribischer Arbeiter, der sich 24/7 über Eishockey Gedanken macht.“ Da nimmt er es auch in Kauf, dass der Name Pewal sofort fällt, wenn ein Verein aus der ICE HL gerade einen Trainer sucht.

Aber auch Pewals Co-Trainer hat einen klingenden Namen. Wobei die Wiener Eishockey-Legende Rafael Rotter eigentlich als Spieler zu den Adlern kommen sollte, wegen anhaltender Rückenprobleme dann aber seine Karriere beenden musste. „Wir haben ihm dann sofort angeboten, bei uns als Assistenz-Coach einzusteigen“, erzählt Zeh. „Dank seiner Vita als Spieler und seiner großen Erfahrung ist er ein riesiger Gewinn für uns, gerade für unsere jungen Spieler, die zu einem Typen wie ihm natürlich aufschauen.“

Das sind Spieler, die übrigens zu einem Teil vom Villacher SV kommen, denn mit dem Kärntner Traditionsverein besteht seit etwa drei Jahren eine Kooperation. Konkret: Wer es noch nicht ganz in den Kader des VSV schafft, kann in Kitzbühel Eiszeit sammeln und sich für höhere Aufgaben empfehlen. Was ohnehin der Ansatz der Alps Hockey League im Allgemeinen und der Adler im Speziellen ist. „Wir wollen Spieler für ganz oben ausbilden“, sagt Zeh, und nennt als Beispiel Tormann Ali Schmidt, der aus seiner Sicht das Rüstzeug mitbringt, eine Etage höher zu reüssieren. „Das Drama ist nur, dass sich kaum ein Verein traut, einem österreichischen Goalie als Nummer 1 das Vertrauen zu schenken.“

Cleveres Marketing

Vertrauen besteht dagegen seit einigen Jahren zwischen dem EC Kitzbühel und der Raiffeisenbank Kitzbühel – St. Johann. „Solche Partnerschaften sind für uns das Salz in der Suppe“, sagt der Präsident. Mittlerweile etabliert ist dabei die Raiffeisen Hockey Night, im Rahmen derer sich Raiffeisen-Kunden ein kostenloses Ticket für ein Heimspiel sichern können. „Ein total cleveres Marketing, von dem beide Seiten stark profitieren.“ Was auch Christian Daxer, Vorstand der Raiffeisenbank Kitzbühel – St. Johann, so sieht: „Eishockey ist eine der spannendsten Sportarten: schnell und rasant, aber auch technisch anspruchsvoll. Mit der Raiffeisen Hockey Night hatten unsere Kundinnen und Kunden die gute Gelegenheit, die Kampfmannschaft der Adler einmal live zu erleben.“

Was aber allen Beteiligten mindestens genauso am Herzen liegt, ist die starke Jugendarbeit. Sportlich wichtig auf der einen Seite, um Nachwuchs zu generieren, ist sie auch ein Asset, um die Bevölkerung an den Klub zu binden. Zu Beginn von Zehs Amtszeit jagten etwa 40 Kinder und Jugendliche im Sportpark Kapserbrücke dem Puck hinterher, mittlerweile sind es mehr als 200. Um ihnen die Möglichkeit zu geben, Spiele der Kampfmannschaft live zu sehen, wurde eigens die Startzeit der Heimspiele auf 19 Uhr vorgezogen. Doch nicht nur das, wie Zeh erklärt: „Wir kooperieren auch mit Schulen, die zum Teil ihre Sportstunden bei uns in der Eishalle mit Eishockey verbringen. Ohne Jugend geht gar nichts.“ Und auch dafür ist es wert, den Kampf um jeden Euro auch in Zukunft weiterzuführen.

AusgabeRZ47-2024

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