Land der Berge, Land der hohen Preise

Tirol bleibt ein teures Pflaster. Das Immobilienjahr 2022 verlief im Westen Österreichs aber zweigeteilt, sodass künftig sogar rückläufige Preise bei Wohneigentum winken.

Gerhard Cramer, Thomas Wass, Matthias Reith und Peter Brezinschek gewährten Einblicke in den Tiroler Immobilienmarkt und präsentierten Erkenntnisse einer aktuellen Studie.
Gerhard Cramer, Thomas Wass, Matthias Reith und Peter Brezinschek gewährten Einblicke in den Tiroler Immobilienmarkt und präsentierten Erkenntnisse einer aktuellen Studie. © RLB Tirol/Franz Oss

Tirol, das Land der hohen Immobilienpreise, bleibt auch weiterhin teuer. Das zeigt eine Studie von Raiffeisen Research. So haben sich dort die ohnehin schon hohen Preise für Einfamilienhäuser in den beiden Pandemiejahren noch einmal um jeweils 16 Prozent verteuert. Und auch die Wohnungen verteuerten sich mit durchschnittlich 8,2 Prozent zwischen 2016 und 2021 deutlich über dem Österreich-Schnitt.

Raiffeisen Tirol steigert Finanzierungsvolumen

Auslöser des zweigeteilten Immobilienjahrs 2022 waren die Zinswende und die verschärften Regeln für die Vergabe von Wohnkrediten. Beide haben Kaufentscheidungen potenzieller Immobilienkäufer zunächst angetrieben und dann gebremst. „In diesem Umfeld konnten wir als wichtigster Wohnraumfinanzierer in Tirol von einem sehr hohen Niveau aus noch weiter zulegen“, sagt Thomas Wass, stv. Vorstandsvorsitzender und Marktvorstand der Raiffeisen-Landesbank Tirol. Insgesamt betragen 2022 die Wohnraumfinanzierungen von Raiffeisen Tirol 3,82 Mrd. Euro. Und somit um 5,2 Prozent mehr als 2021. Fast 80 Prozent der Finanzierungen von 2022 gehen auf das erste Halbjahr zurück, berichtet Wass. Das Gesamtvolumen besteht zu zwei Dritteln aus variabel verzinsten Krediten, das restliche Drittel aus Fixzinskrediten.

Kaufinteressierte warten noch ab

Die Makler von Raiffeisen Immobilien Tirol konnten 2022 das Transaktionsvolumen um 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr steigern. Die rückläufige Anzahl an Transaktionen von minus 15 Prozent ist dem zweiten Halbjahr geschuldet. Nach einem zunächst regelrechten „Run auf Immobilien“ geriet der Boom ab August zunehmend ins Stocken. „Bis Juli war es Kunden wichtig, den Wunsch nach Wohneigentum noch vor den verschärften Regelungen und im noch bestehenden Niedrigzinsumfeld umzusetzen. Für die Bruchlinie sorgten danach die KIM-Verordnung, steigende Kreditraten aufgrund des höheren Zinsniveaus, aber auch wirtschaftliche Zukunftssorgen der Menschen“, erklärt Gerhard Cramer, Geschäftsführer von Raiffeisen Immobilien Tirol und Leiter des Wohnbauteams in der RLB Tirol. „Aktuell sehen wir noch abwartendes Verhalten der Kaufinteressierten. Politische Maßnahmen wie der geplante Verzicht auf die Grunderwerbsteuer für das erste Eigenheim könnten aber schon kurzfristig ausgleichend wirken“, betont Cramer.

Extremes Preisgefälle innerhalb Tirols

Auf dem Immobilienmarkt ist die sorglose Schönwetterperiode jedenfalls zu Ende, sagt Studienautor und Senior-Ökonom bei Raiffeisen Research, Matthias Reith: „Wir erwarten in Österreich zumindest 2023 und 2024 rückläufige Preise von Wohneigentum.“

Innerhalb Tirols hat das Preisgefälle in den letzten Jahren weiter zugenommen. So reichen die durchschnittlichen Wohnungspreise von deutlich über 7.000 Euro/m² in Kitzbühel bis zu 2.090 Euro/m² in Lienz. Der teuerste Bezirk, Kitzbühel, erlebte bei Einfamilienhäusern auch den stärksten Preisanstieg (+35 %), während im günstigsten Bezirk, Lienz, aufgrund rückläufiger Geburten sogar ein leichter Rückgang (-3 %) zu verzeichnen war. Dazwischen lagen im Ranking der Preise die Bezirke Innsbruck-Stadt und -Land (je +15 %), Schwaz (+24 %), Kufstein (+15 %), Landeck (+24 %), Imst (+11 %) und Reutte (+10 %). „Tirol ist damit weiterhin nicht nur das Land der Berge, sondern auch der preislichen Extreme“, so Reith.

Dass der Tiroler Immobilienmarkt wie in den Vorjahren dem restlichen Bundesgebiet bei den Preisen „davoneilt“, ist zwar fraglich. Aber: „Baugrund wird auch in Zukunft in Tirol besonders knapp sein. Das Preisniveau wird dadurch hoch bleiben“, fasst Reith zusammen.