Nachhaltige Geldanlagen sind weiterhin auf Wachstumskurs. Das Volumen – inklusive nachhaltiger Kundeneinlagen – erhöhte sich im Vorjahr um 7 Prozent auf 67,3 Mrd. Euro. Im Jahr 2021 ist diese Wachstumsrate, laut Marktbericht des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG), noch bei über 60 Prozent gelegen. Die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate seit dem Jahr 2005 beträgt 26 Prozent. Das Wachstum fiel im Vorjahr also deutlich geringer aus, aber trotzdem konnte in einem herausfordernden wirtschaftlichen Umfeld ein neuer Höchstwert erreicht werden. Zum Vergleich: Der österreichische Gesamtinvestmentfondsmarkt ist im Vorjahr um 15 Prozent auf 187,7 Mrd. Euro gesunken. Der Anteil nachhaltiger Fonds erhöhte sich somit von 28,2 Prozent auf 35 Prozent. Umgerechnet steckt also jeder dritte angelegte Euro in einem nachhaltigen Produkt. In Deutschland liegt der Anteil nachhaltiger Geldanlagen im Vergleich bei 12,5 Prozent.
„Die Publikumsfonds machen in Österreich das Gros der nachhaltigen Geldanlagen aus. Da hat sich im Vorjahr viel mehr getan als bei Spezialfonds“, berichtet Wolfgang Pinner, Leiter vom FNG Österreich und des Bereichs Sustainable & Responsible Investment in der Raiffeisen KAG. Während die nachhaltigen Publikumsfonds um 18 Prozent auf 45,3 Mrd. Euro zulegten, ist das Volumen in nachhaltigen Spezialfonds um 14 Prozent auf 19,88 Mrd. Euro gesunken. „Die Anlegertypen haben sich verkehrt: Bis vor drei Jahren gab es noch ein deutliches Übergewicht bei institutionellen Investoren“, erinnert Pinner. Nahezu 100 Prozent der Spezialfonds und 91,5 Prozent der Publikumsfonds waren als Artikel-8-Produkte gemäß der Offenlegungsverordnung deklariert.
Vieles ausgeschlossen
Im Marktbericht wurden auch wieder die häufigsten nachhaltigen Anlagestrategien in Österreich analysiert. Auf Platz 1 befinden sich Ausschlüsse – hier vor allem Menschenrechts- und Arbeitsrechtsverletzungen, Kohle sowie Waffen und Rüstung. Sie wurden bei 95 Prozent der betrachteten Assets angewandt. An Bedeutung gewinnt die ESG-Integration, sie ist das erste Mal auf dem zweiten Platz, darunter versteht man generell das Einbeziehen von nachhaltigen Kriterien. Der Anteil der Publikums- und Spezialfonds, die auf Produktebene normbasiertes Screening anwenden, sank auf 82 Prozent. Er hatte im Vorjahr noch bei 96 Prozent gelegen.
Teil der Erhebung zum Marktbericht ist auch stets eine Einschätzung der Branche, um ein Stimmungsbild der Entwicklungen und Anforderungen zu erhalten. Hier haben die Experten neben quantitativen Daten daher auch qualitative Antworten übermittelt. Die Befragten wünschen sich vor allem eine kohärente und effizient umsetzbare Regulatorik. Außerdem wünschen sich die Befragten die Etablierung von Standards und die Differenzierung zwischen nachhaltigen Geldanlagen und Investitionen in „Transformationsunternehmen“. Die Datenlage sei auf der Umweltseite schon zufriedenstellend, aber im Bereich Soziales gebe es noch großen Verbesserungsbedarf.
Klare Kommunikation wäre wichtig, um belastende Greenwashing-Vorwürfe gegenüber der Branche zu verhindern. Als Ursachen dafür nennen die Befragten etwa die fehlende eindeutige Definition einer nachhaltigen Geldanlage, missverständliche EU-Regulatorik, fehlende Standards und Unterschiede im Verständnis von Nachhaltigkeit. 90 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass Greenwashing-Vorwürfe das Potenzial haben, dem Wachstum nachhaltiger Geldanlagen zu schaden.
Positiver Ausblick
Das allgemeine Marktumfeld beschreibt Wolfgang Pinner als ambivalent. Von den USA, genau genommen von den Republikanern, ausgehend sei außereuropäisch ein gewisser Gegenwind zu spüren. Einige Unternehmen seien aus Net-Zero-Initiativen ausgetreten, um keine Kunden zu vergraulen. Auf der anderen Seite steigen im Bereich der nachhaltigen Geldanlagen die Erwartungen gegenüber Fondsmanagern. Generell erwarten 80 Prozent der Befragten weitere Zuwächse – die meisten davon im zweistelligen Prozentbereich. Auch Pinner rechnet mit weiteren Steigerungen: „Wir werden in den nächsten zwei, drei Jahren in Richtung 50-Prozent-Marktdurchdringung kommen.“ Das Potenzial für nachhaltige Geldanlagen sei nach wie vor groß, zumal sich viele Anbieter intensiver mit dem Thema beschäftigen und zusätzliche Assetklassen auf den Markt gebracht werden.