Vorsprung durch Wissen

In bewegten Zeiten braucht es ein gutes Zusammenspiel verschiedener Akteure und Faktoren, das wurde bei den diesjährigen Nostrotagen der Raiffeisen KAG deutlich.

Gruppenfoto: Zwei Tage kamen die Nostro-Verantwortlichen aus den Raiffeisenbanken in Salzburg zusammen, um sich über neue Trends und Entwicklungen zu informieren.
Zwei Tage kamen die Nostro-Verantwortlichen aus den Raiffeisenbanken in Salzburg zusammen, um sich über neue Trends und Entwicklungen zu informieren. © Raiffeisen KAG

Smartphone, Google oder ChatGPT – die Menschheit verlagert ihr Gedächtnis mehr und mehr nach außen. In einer zunehmend digitalisierten Welt muss man sich immer weniger merken. Dieses „Umdenken“ wird immer mehr zum Problem, wie Gedächtnisexperte Markus Hofmann erklärt: „Wenn man kein Basiswissen mehr hat, kann man nicht kreativ, flexibel und intelligent denken. Man kommt nur auf Lösungen, wenn man etwas im Kopf hat.“ Die geistige Aktivierung, also sich viel Transferwissen anzueignen, sei wichtig, um Lösungen in unterschiedlichen Bereichen zu entwickeln. Viele Informationen wurden den Teilnehmern der Nostrotagen der Raiffeisen KAG geboten, der heuer in Salzburg stattgefunden hat. Auf dem Programm standen neben dem Gedächtnistraining natürlich Kapitalmarktinformationen, Risikomanagement und neue regulatorische Themen, die für die Eigenveranlagung von Banken wichtig sind.

Seit 2016 unterstützt die Raiffeisen KAG verstärkt die Landesbanken und Raiffeisenbanken beim Veranlagen ihrer eigenen Liquidität. „Die Nostroveranlagung der Raiffeisenbanken ist das Kernstück unseres institutionellen Geschäfts in Österreich“, erklärt Jens-David Lehnen, Leiter des institutionellen Geschäfts. Mittlerweile sind über eine Milliarde Euro an Nostro-Geldern in Fonds der Raiffeisen KAG veranlagt, 163 Raiffeisenbanken nutzen diese Möglichkeit. Zwei Drittel der Gelder sind in Publikumsfonds veranlagt, ein Drittel in Spezialfonds. Aktuell werden 17 solcher Spezialfonds im Austausch mit den Raiffeisenbanken aktiv gemanagt. 

Phase der Veränderung

Aktives Management steht in Zeiten wie diesen besonders hoch im Kurs. Die Zinswende hat zahlreiche Vorzeichen verändert. „Das Marktumfeld ist auch für die RCM neu. Es gibt ganz viele Kollegen, die haben fast zehn Jahre ein Niedrig- oder Negativzinsumfeld kennengelernt, mit all den Auswirkungen auf die Investmentprodukte, die müssen sich jetzt erstmal in der neuen Welt zurechtfinden – sowohl produkt- als auch vertriebsseitig“, erklärt Hannes Cizek, CEO der Raiffeisen KAG. Als allgemeine Branchentrends, die auch für die Raiffeisen KAG relevant sind, kristallisiert Cizek weiterhin das Thema Nachhaltigkeit heraus, sowie die Digitalisierung – vor allem zum Kunden hin.

Die Zinspolitik beschäftigt auch Manfred Quehenberger, Geschäftsleiter des Raiffeisenverbandes Salzburg: „Die Dynamik ist überraschend und natürlich ein zweischneidiges Schwert.“ Als Bank mit hohen Einlagesummen freue man sich, dass nun endlich auf der Passivseite wieder Geld zu verdienen ist, allerdings gebe es auf der Finanzierungsseite doch große Herausforderungen. Wichtig für Quehenberger: „Wir dürfen nicht vergessen, wir haben nach wie vor eine negative Realverzinsung, deshalb ist der Beratungsbedarf momentan besonders groß.“ 

Hannes Cizek, Viktoria Schnaderbeck und Jens-David Lehnen sehen Gemeinsamkeiten zwischen Sport und Wirtschaft.
Hannes Cizek, Viktoria Schnaderbeck und Jens-David Lehnen sehen Gemeinsamkeiten zwischen Sport und Wirtschaft. © Raiffeisen KAG

Besonders schnell vergessen sollte man hingegen, wenn es nach Valentin Hofstätter, Leiter Regionale Bankenbetreuung in der Raiffeisen KAG, geht, das abgelaufene Kapitalmarktjahr – „das schlimmste Jahr nach 100 Jahren“. Hofstätter sieht allerdings 2023 eine Trendwende: „Technisch sind wir seit November in einem neuen Bullenmarkt.“ Viele Faktoren haben sich seit Jahresende verbessert und mit ihnen auch die Stimmung der Investoren. So sei der Gipfel etwa bei der Energiekrise in Europa und der Inflation überschritten, der Zinsanhebungszyklus in Kürze zu Ende und der Konjunktureinbruch in Europa abgewendet. Als letzter großer Risikofaktor bleibe die Wirtschaftsentwicklung in den USA, wo eine Rezession kommen könnte. Der Kapitalmarktexperte bleibt in einem solchen Umfeld „bullish“: „Wenn man die Inflationsrate langfristig schlagen möchte, dann muss man in Aktien investieren. Das Ende von Zinsanhebungen war üblicherweise auch sehr positiv für den US-Aktienmarkt.“ 

Grüne Herausforderung 

Wie wichtig der Wissenstransfer zwischen den unterschiedlichen Bereichen ist, das veranschaulicht Dieter Aigner, Geschäftsführer der Raiffeisen KAG, anhand des Investmentprozesses für nachhaltige Aktien. Verantwortungsvolles Investieren beginnt bei der Einschätzung von Zukunftsthemen und geht über ESG-Unternehmenswerte, Engagementbewertungen, die Ermittlung eines ESG-Corporate-Indikators bis hin zur detaillierten Fundamentalanalyse. Für Aigner besonders wichtig: „Als aktive Fondsmanager müssen wir selbst eine Definition von gewissen Themen haben.“ Generell wird in der Raiffeisen KAG nicht in Sektoren gedacht, sondern in Themen. Beim Thema Energie wird der verantwortungsbewusste Umgang mit Ressourcen im Detail betrachtet: „Wir schauen uns 22 Rohstoffe an und bilden uns zu jedem eine Meinung. Dabei ist es oft ein Abwiegen, was ist wichtiger für den Planeten.“ Magdalena Quell, Produktmanagerin bei der Raiffeisen KAG, stellt klar: „Der Ausbau erneuerbarer Energien erfordert den Einsatz kritischer Rohstoffe und die können auf Dauer nicht aus Sekundärrohstoffen kommen.“ In einer differenzierten Betrachtung wurde ein 80-seitiges Factsheet beispielsweise zu Chrom verfasst. Das Mineral ist wichtiges Legierungsmaterial und wird bei Windrädern eingesetzt.

Sportliche Vorbilder

Ein nicht zu unterschätzender Erfolgsfaktor ist das Zusammenspiel. Was Weltklasseteams – nicht nur im Sport – auszeichnet, das weiß Viktoria Schnaderbeck, ehemalige Profifußballspielerin. Es braucht einerseits klare Ziele, die auf Subziele heruntergebrochen werden müssen. Es braucht Leader und Teamplayer. Jeder einzelne sollte dabei hohe Standards mitbringen und die Stärken müssen richtig eingesetzt werden. Entscheidend sind auch die Kommunikation und die Beziehung von Trainer zu Spieler und zwischen den Spielern. Auch der Umgang mit Rückschlägen und Kritik muss gelernt werden, wobei dabei der Fokus auf neue Chancen nicht außer Acht gelassen werden sollte. Viktoria Schnaderbeck ist überzeugt: „Erfolg ist kein Zufall.“