Schaller: „Gießkannenprinzip führt zu weiterer Inflation“

In einem schwierigen Wirtschaftsumfeld konnte die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich im ersten Halbjahr die Finanzierungen weiter steigern und somit einen Periodenüberschuss vor Steuern von 448,9 Mio. Euro erzielen.

RLB-OÖ-Generaldirektor Heinrich Schaller bei der Präsentation der Halbjahresbilanz 2023
© RLB OÖ

„Krisen sind dazu da, um etwas zu lernen. Wenn wir diese Lernfähigkeit fortsetzen, werden wir alle gestärkt aus dieser Situation hervorgehen“, ist Heinrich Schaller, Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, überzeugt. Österreichs Wirtschaft ist laut Berechnungen der Statistik Austria im zweiten Quartal 2023 stärker zurückgegangen als von vielen erwartet, im Vergleich zum Vorjahresquartal real um 1,1 Prozent. Auf Jahressicht prognostizieren die Wirtschaftsforscher von Wifo und IHS ein Plus von 0,3 bzw. 0,5 Prozent. „Ich würde mich freuen, wenn wir diese Zahlen erreichen“, sagt Schaller mit gewissen Sorgen, denn die hohe Inflation sei nach wie vor eine große Herausforderung und die Kostensteigerungen für private Haushalte und Unternehmen gewaltig. 

„Wir müssen versuchen, diese Teuerungsperiode mit allen Mitteln abzukürzen, um das Wirtschaftswachstum stärker ankurbeln zu können“, so Schaller. Die Inflationsrate ist in Österreich mit 7,5 Prozent (im August) deutlich höher als im Euro-Schnitt. Schaller begründet diese Differenz so: „Im Grundsatz ist eine starke Förderung durch die öffentliche Hand nicht schlecht, aber man muss hier sehr gezielt vorgehen. Ein Gießkannenprinzip in Zeiten hoher Inflation führt zu weiterer Inflation.“ Niedrigere Einkommensschichten und besonders betroffene Unternehmen sollten über politische Maßnahmen entlastet werden. „Maß und Ziel von allen Beteiligten“ fordert Schaller auch bei den anstehenden Kollektivvertragsverhandlungen, denn hohe Lohnabschlüsse seien auch ein Beschleuniger für die Inflation: „Ich bin nicht dagegen, dass die Gehälter angehoben werden, aber je stärker, desto inflationstreibender.“

Starkes Fundament

Die Rolle der RLB OÖ in diesem Umfeld ist für den Generaldirektor klar: „Gerade in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit ist es wichtig, Unternehmen und Privatkunden, wenn sie in Schwierigkeiten kommen oder zusätzliche Mittel brauchen, um die Herausforderungen zu bewältigen, dass wir sie intensiv unterstützen. Das versuchen wir in Krisenzeiten immer und dazu braucht man eine starke Kapitalquote.“ Zu Jahresmitte beläuft sich die Kapitalquote auf 15,0 Prozent, nach 15,8 Prozent zu Jahresende 2022, und damit deutlich über den regulatorischen Mindestanforderungen. Dürfte die RLB OÖ den Halbjahresgewinn bilanztechnisch bereits berücksichtigen, läge die Kapitalquote bei 16,4 Prozent.

Der Periodenüberschuss vor Steuern beträgt im ersten Halbjahr 448,9 Mio. Euro, nach einem Minus von 236,1 Mio. Euro im ersten Halbjahr 2022. Damals musste die RLB OÖ vor allem bei ihren großen Beteiligungen, der Voestalpine und der Raiffeisen Bank International, hohe Abwertungen von Börsenkursen hinnehmen, die sich heuer wieder „normalisiert“ haben. 

Das gute Halbjahresergebnis erklärt sich im Wesentlichen durch einen deutlich besseren Ergebnisbeitrag der Beteiligungen – in Höhe von 309 Mio. Euro –, ein höheres Zinsergebnis und mehr Finanzierungen. Die Finanzierungen sind im ersten Halbjahr um 1,0 Prozent auf 26,2 Mrd. Euro gestiegen. Sowohl bei den Investitionsfinanzierungen (+0,9 Prozent) als auch bei den Betriebsmittelfinanzierungen (+1,3 Prozent) konnte die RLB OÖ weiter zulegen. Die Kundeneinlagen sind hingegen um 1,1 Prozent auf 13,7 Mrd. Euro zurückgegangen, in Zeiten hoher Inflation für den Generaldirektor wenig verwunderlich. 

„Überziehungen und Ausfälle halten sich hingegen sehr in Grenzen – auch bei Wohnbaukrediten.“

Heinrich Schaller

Risiko auf geringem Niveau

Die Risikosituation schaue deutlich besser aus, als es die wirtschaftliche Entwicklung vermuten lässt, so Schaller. Der Anteil der notleidenden Kredite (NPL-Ratio) ist nur leicht gestiegen und liegt mit 2,68 Prozent noch immer auf einem sehr niedrigen Niveau. „Wir sehen allerdings, dass eingeräumte Kreditrahmen verstärkt ausgenutzt werden. Überziehungen und Ausfälle halten sich hingegen sehr in Grenzen – auch bei Wohnbaukrediten“, freut sich der Generaldirektor. Generell seien die Insolvenzquoten im Verhältnis zum wirtschaftlichen Umfeld noch sehr gut, Schaller erwartet allerdings einen leichten Anstieg. Deshalb wurden im ersten Halbjahr zur Vorsicht höhere Dotierungen bei Einzelwertberichtigungen vorgenommen. 

Das Betriebsergebnis beträgt in der ersten Jahreshälfte 502,6 Mio. Euro, nach einem Minus von 222,0 Mio. im ersten Halbjahr 2022. Der Provisionsüberschuss ist um 9,6 Prozent auf 99,6 Mio. Euro zurückgegangen. Der Zinsüberschuss ist um 34,5 Prozent auf 289,3 Mio. Euro gestiegen, das resultiere vor allem aus dem weiter gewachsenen Kreditportfolio sowie dem gestiegenen Zinsumfeld. 

„Es liegt nicht im Interesse einer Bank, einen Kunden, dem es schlecht geht, abzustoßen. Für so dumm sollte man Banken nicht halten.“

Heinrich Schaller

Unverständliche Kritik 

Die aktuelle hitzige politische Diskussion über Österreichs Banken – von Zinsdebatten bis hin zu einer „Übergewinnsteuer“ – lässt auch Heinrich Schaller nicht kalt: „Wir sind interessiert, unsere Kunden zu halten, daher auch die Bemühungen, in Einzelfällen individuelle Lösungen zu finden. Es liegt nicht im Interesse einer Bank, einen Kunden, dem es schlecht geht, abzustoßen. Für so dumm sollte man Banken nicht halten.“ Im Vorjahr, als die RLB OÖ zum Halbjahr einen Verlust ausgewiesen hat, sei niemand gekommen, um zusätzlich zu besteuern. Das Geschäftsmodell sei nun einmal volatil. 

Heinrich Schaller rechnet zudem vor, wie viel heimische Banken an Sonderabgaben, also „zusätzliche Steuern zu den Steuern“, von 2011 bis 2022 bezahlt haben, nämlich 5,5 Mrd. Euro. Zusätzlich mussten die Banken 2,3 Mrd. Euro in den europäischen Bankenabwicklungsfonds einzahlen und 1,9 Mrd. Euro in den Einlagensicherungsfonds. „9,7 Milliarden Euro Belastungen für österreichische Institute. Was sollen wir noch alles tun? Die Diskussion ist nicht gerechtfertigt“, ärgert sich Schaller, zumal die Banken in Pandemiezeiten gute Unterstützer waren. Und auch bei der Bargeldversorgung übernehme Raiffeisen Oberösterreich mit 554 Bankomaten – die nur selten gewinnbringend seien – gesellschaftliche Verantwortung.