Strategieforum: Unsicherheit belastet den Standort

Beim diesjährigen Wiener Strategieforum wurde die heimische Standortschwäche aus vielerlei Perspektiven genauer unter die Lupe genommen.

Den großen Fragen der Wirtschaft und der Wettbewerbsfähigkeit widmet sich alljährlich das Wiener Strategieforum, das eine Brücke zwischen Wissenschaft und Praxis schlagen möchte. In seiner Eröffnungsrede betont Werner Hoffmann, Leiter des Strategieforums, dass es keine einfachen Patentrezepte für komplexe Fragen geben könne. Das vergangene Jahr war von wirtschaftlichen und geopolitischen Umbrüchen geprägt. Gerade in unsicheren Zeiten und bei tiefgreifenden Veränderungen gibt es aber auch unternehmerische Chancen. „Wir neigen alle dazu, vor allem die Gefahren und Risiken zu sehen, nehmen aber zu wenig die Möglichkeiten wahr, die sich bieten. Das scheint eine europäische Krankheit zu sein“, so der Experte der WU Wien.

„Mehr Möglichkeiten für Unruhe“

Dass die im Wandel befindliche Weltordnung auch Konsequenzen für die Wirtschaft habe, sei nicht von der Hand zu weisen, betonte Bruno Günter Hofbauer, Generalleutnant und stellvertretender Generalstabschef. Er verwies unter anderem auf den schon drei Jahre andauernden Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. „Ich gehe nicht davon aus, dass der große Frieden in der Ukraine ausbrechen wird. Was wir vielleicht sehen werden, ist ein Waffenstillstand wie nach den Kampfhandlungen 2014 und der Krim-Annexion. Denn Russland hat überhaupt keine Notwendigkeit in Friedensverhandlungen einzusteigen“, sagt der Militär in Bezug auf die Friedensbemühungen der US-Regierung von Donald Trump.

Außerdem gäbe es keine Anzeichen dafür, dass Russland von seinem Ziel, die EU zu schwächen, abrücke. Man sollte diesbezüglich aber nicht nur ins Baltikum schauen, sondern auch auf den Balkan, wo es Hofbauer zufolge viel mehr Möglichkeiten gibt, politisch und wirtschaftlich Unruhe zu stiften. „Dafür ist der weichere Süden ein viel lohnenderes Ziel als das Baltikum“, konstatiert der Offizier. 

„Standort leidet unter Vertrauenskrise“

Die schwierige wirtschaftliche Lage Österreichs sei allerdings weniger von den globalen Herausforderungen beeinflusst als von den eigenen Versäumnissen, erklärt Raiff­eisen-Chefanalyst Gunter Deuber. Er bringt es folgendermaßen auf den Punkt: „Solange heimische Standortfaktoren nicht gelöst sind, wird es sehr, sehr schwer werden, einen exportgetriebenen Aufschwung in Österreich zu erreichen. Derzeit wird nicht investiert und konsumiert, weil es eine Vertrauenskrise in den Standort gibt.“

Der Export war in den vergangenen Jahrzehnten allerdings immer ein wesentlicher Treiber für die österreichische Konjunkturentwicklung, so der Ökonom. Es gäbe aber dennoch gewisse Anzeichen, dass die angekündigten europäischen und deutschen Maßnahmen, wie das riesige deutsche Infrastrukturpaket, der österreichischen Konjunktur etwas unter die Arme greifen könnten.

Die große Gefahr für die exportorientierte österreichische Wirtschaft sieht Deuber allerdings weniger im angesprochenen Ukraine-Krieg, sondern vor allem in einer weiteren Eskalation im Handelskonflikt. Für das Lösen der wirtschaftlichen Krise brauche es unter anderem eine stabilitätsorientierte Lohnpolitik. Deuber zufolge sollten die Löhne zumindest eine Zeit lang unter der Inflationsrate steigen. Dazu könnten auch eine selektive Investitionsprämie und ein zarter europäischer Aufschwung beitragen. „Mehr sehe ich derzeit auch leider nicht“, so der Raiffeisenexperte. 

„Hoffnung für die Zukunft“

Die zunehmende Unsicherheit mache etwas mit den Geschäftsmodellen der Unternehmen, bestätigte auch Patricia Neumann, Vorstandsvorsitzende von Siemens Österreich, die angespannte Stimmung in der Industrie. Der heimische Industriestandort sei, wie alle Daten zeigen, von Abwanderung gefährdet. Gerade ein global orientiertes Unternehmen achte besonders darauf, wo es investieren werde. Auch Siemens sei es in den vergangenen Jahren schwerer gefallen, die Produktion am österreichischen Standort zu halten. Auf der anderen Seite seien die Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung hierzulande aber positiv, so Neumann. Das gäbe Hoffnung für die Zukunft.

AusgabeRZ18-2025

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Mehr lesen

Aktuelles

Die Welt der Raiffeisenzeitung