Junge Talente und „alte Meister“

Grafenegg verbindet Tradition und Innovation, es bietet international bekannten Stars und jungen Ensembles gleichermaßen eine Bühne. Auch das Programm für die Saison 2025 folgt dieser Erfolg versprechenden Mischung.

Hogwarts ist jener Ort, an dem das Talent junger Zauberer geschliffen und perfektioniert wird. In Grafenegg befindet sich ein ähnlicher Platz, wie Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner überzeugt ist, nämlich eine Eliteschule für Musik. „In Grafenegg sind junge Musiker zu Hause, sie werden in ihren Talenten gefördert und bereiten sich auf die große Welt der Musik vor“, zieht die Politikerin ihren Vergleich zwischen der Eliteschule für Zauberei und der Grafenegg Academy. Gemeinsam mit dem Tonkünstler-Orchester Niederösterreich und dem European Union Youth Orchestra ist das Grafenegg Academy Orchestra Teil der drei herausragenden Residenzorchester Grafeneggs. 

Untrennbar verbunden mit Grafenegg ist Pianist Rudolf Buchbinder, der Grafenegg und dem zugehörigen Festival seit 19 Jahren seinen ganz persönlichen Stempel aufdrückt – im positivsten Sinn des Wortes. Im kommenden Jahr bekommt er Unterstützung von Fabián Panisello, der als Composer in Residence 2025 das Festival-Programm als Komponist und Lehrender mitgestaltet. 

Von Morricone bis Strauss

Das Programm für die Sommersaison 2025 beinhaltet viele Höhepunkte, die von 19. Juni bis 7. September zu sehen und zu hören sein werden. Eröffnet wird mit der Sommernachtsgala am 19. und 20. Juni im Wolkenturm. Dabei feiert der neue Chefdirigent des Tonkünstler-Orchesters Niederösterreich, Fabien Gabel, seinen Einstand. Für das Gelingen des Musikwochenendes zeichnen außerdem Festivalchef Buchbinder selbst sowie der gefeierte Tenor Michael Spyres und Grafenegg-Debütantin Siphokazi Molteno verantwortlich.

Bis 9. August kommt das Publikum in den Genuss der Sommerklänge, die „ein bunter Strauß, von Zauber bis Expedition“, sein werden, wie Grafenegg-Geschäftsführerin Simone Bamberg verspricht. Unter anderem steht dabei Filmmusik auf dem Programm: „Ganz großes Kino“ ist eine Hommage an einen der ganz großen Filmmusikkomponisten, Ennio Morricone. Frank Strobel wird als deklarierter Filmmusikkenner der Gegenwart in diesem Rahmen das Tonkünstler-Orchester NÖ leiten. Das erste Residenzorchester von Grafenegg spielt auch das Konzert zum 200. Todestag von Johann Strauss. Für passendes Operettenflair sorgt das „Fledermaus-Spezial“ mit Daniela Fally als Adele, Corina Koller als Rosalinde und Maximilian Mayer als Eisenstein. 

Das „Klangwunder“ steht traditionell ganz im Zeichen der Grafenegg Academy. Das Orchester setzt sich aus 50 bis 100 hochbegabten jungen Musikern zusammen, die für zehn Tage, heuer von 2. bis 13. Juli, zusammenkommen. Die Profi-Musiker aus 30 Nationen nehmen in diesem Rahmen an zahlreichen Proben, Workshops und Music Labs teil. Ziel des Projektes ist es, den Künstlern bei ihrem Eintritt ins Berufsleben neue Perspektiven zu eröffnen. Dargeboten werden 2025 ein Violinkonzert von Jörg Widmann, dem Kurator der Grafenegg Academy 2025, die Hebriden-Ouvertüre von Felix Mendelssohn Bartholdy sowie die 7. Symphonie Ludwig van Beethovens. 

Die Seele des Festivals Rudolf Buchbinder
Die Seele des Festivals Rudolf Buchbinder © Lukas Beck

Festival-Höhepunkte

Als Krönung der Sommersaison kann man ohne Zweifel das Festival bezeichnen. Unter der Leitung von Rudolf Buchbinder gastieren von 14. August bis 7. September mehrere Spitzenorchester und zahlreiche internationale Künstler im Wolkenturm. Stars von Welt geben sich dank des unermüdlichen Engagements Rudolf Buchbinders die Türklinke in die Hand. Mit dem Eröffnungsstück, der „Alpensinfonie“ von Richard Strauss, bekommen die Schwestern Katia und Marielle Labèque eine Bühne für ihr Klavierspiel. Das European Union Youth Orchestra und die in Berlin lebende Geigerin Alina Ibragimova präsentieren unter der Leitung von Chefdirigenten Iván Fischer unter anderem Tschaikowski. In der zweiten Festivalwoche darf man sich auf das 1. Klavierkonzert Tschaikowskis freuen, allerdings „in einer Fassung, die Sie sicher nicht kennen“, wie Buchbinder verspricht. Ann-Sophie Mutter wird außerdem in Grafenegg zu sehen sein, genauso wie Christina Pluhar, Juan Diego Flórez und María Dueñas.   

Das European Union Youth Orchestra
Das European Union Youth Orchestra © Sofija Palurovic

In seiner Rolle als Composer in Residence wird es die Aufgabe von Fabián Panisello sein, einerseits die Uraufführung eines noch ungeschriebenen Werks zu dirigieren, das das Grafenegg Festival bei ihm in Auftrag gegeben hat, sowie den Composer-Conductor-Workshop „Ink Still Wet“ zu leiten. Dabei werden neue Orchesterwerke geschaffen und mit dem Tonkünstler-Orchester erarbeitet. Panisello übernimmt dabei die Rolle des Mentors. Der aus Argentinien stammende Komponist und Dirigent ist Professor der Hochschule Reina Sofía in Madrid und Gründer sowie künstlerischer Leiter des Ensembles für Neue Musik „Plural Ensemble“. Panisello sieht es als Privileg an, mit den jungen Kollegen zu arbeiten: „Musik ist eigentlich eine mündliche Tradition. Daher ist Mentorenschaft ein wichtiger Teil davon.“ Im Moment arbeitet der international tätige Künstler noch an einer Komposition zum Thema Klimawandel mit dem Titel „Change“, von 14. bis 24. August widmet er sich dann ausschließlich seinen Grafenegger Mentees. Die jungen Komponisten präsentieren ihre frisch erarbeiteten Werke im Rahmen des „Ink Still Wet“-Abschlusskonzertes am 24. August. Die Komponisten dirigieren ihre Stücke selbst – für viele bedeutet das gleichzeitig das erste Mal auf einer großen Bühne stehen zu dürfen. Auch Panisello selbst wird sein neues Werk präsentieren.

Composer in Residence Fabián Panisello
Composer in Residence Fabián Panisello © Alejandro Garcia Ortiz

Rudolf Buchbinder selbst wird mehrmals auf der Festival-Bühne zu sehen sein. Etwa bei einer Matinee mit Nikolaj Szeps-Znaider, die mit der kurzen Sonate D-Dur D 384 des 19-jährigen Franz Schubert beginnt, mit Johan­nes Brahms’ G-Dur-Sonate fortführt und den Musikabend schließlich mit Beethovens Kreutzer-Sonate beschließt. Weitere Auftritte Buchbinders wird es mit dem römischen Orches­tra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia sowie dem Hong Kong Philharmonic Orchestra geben. Das Abschlusskonzert bezeichnet der große Pianist als ganz besonderes Ereignis. „ Es ist ein Liebesbeweis meines liebsten Musikpartners, Zubin Mehta“, wie Buchbinder erzählt. Mit dem Komponisten verbindet ihn eine fast 70-jährige Freundschaft und rund 80 gemeinsame Konzerte. Mit Johannes Brahms, dirigiert von Zubin Mehta und gespielt von Rudolf Buchbinder, bekommt das Grafenegg-Festival somit am 7. September einen würdigen Abschluss.

AusgabeRZ45-2024

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