„Wirtschaftsstandort Österreich: Fakten und Perspektiven“ – unter diesem Motto begrüßten Boris Pelikan und Andreas Fleischmann, beide Geschäftsführer von Raiffeisen Continuum, ihre Gäste zum fachlichen Austausch im Rahmen des Sommerempfangs im Schloss Schönbrunn. Bevor man zur Generalprobe des traditionellen Sommernachtskonzerts vor beeindruckender Kulisse aufbrach, wurde im Apothekertrakt des Schlosses angeregt diskutiert.
Eröffnet wurde der fachliche Teil des Abends mit einer Keynote von Gabriel Felbermayr, Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts Wien (Wifo), der über die aktuellen Herausforderungen der Wirtschaft sprach. Laut der Prognose des Wifo, die Ende Juni veröffentlicht wird, befinden wir uns im dritten Rezessionsjahr, wobei sich eine ganz leichte Besserung ankündigt. Der Experte gab aber zu bedenken, dass man einen längeren Vergleichszeitraum ins Auge fassen müsse, nämlich das Jahr 2019 – das letzte Jahr vor den Stapelkrisen von Corona über den Ukrainekrieg bis Donald Trump.
„Die aktuellen Probleme haben wir nicht selbst in die Welt gesetzt“, ist Felbermayr überzeugt, auch wenn die Volkswirtschaft nicht immer richtig reagiert habe – Stichwort Gießkanne. Hier seien Förderungen nicht zielgerichtet angekommen. Seit 2019 ist das BIP gesunken: „Wir sind zwischen vier bis fünf Prozent pro Kopf ärmer als 2019“, sagt der Experte. Gleichzeitig seien zwei Paradoxa zu beobachten: Obwohl die Wirtschaftskraft pro Kopf sinkt, sind die realverfügbaren Haushaltseinkommen stark gestiegen – vor allem weil die Löhne in Österreich der Inflation folgen. Und: Trotz höherer Haushaltseinkommen steigt der Konsum nicht. „Auch 2025 bringt uns im besten Fall eine Stagnation“, so der Experte.
Echter Reformplan gefordert
In der anschließenden Diskussionsrunde mit Gunter Deuber, Raiffeisen Chefanalyst, Florian Binder-Krieglstein (GF MM Packaging) und Barbara Potisk-Eibensteiner (Finanzvorständin der Post AG) suchte man nach Lösungen und Strategien. Man war sich einig, dass Entbürokratisierung, die Senkung der Lohnnebenkosten und Planungssicherheit wichtig für künftiges Wachstum seien. Auch der Leistungsgedanke müsse wieder an Attraktivität gewinnen, unterstrich Potisk-Eibensteiner. Deuber rechnet geopolitisch mit einer anhaltend komplexen Situation, wobei es wichtig sei, mit allen Akteuren rational zu operieren. Außerdem müsse das Investitionsvertrauen, das früher gegenüber Österreich sehr hoch war, wieder gestärkt werden. Felbermayr forderte einen echten Reformplan der Regierung und warnte vor zu viel Pessimismus: „Jeder, der ein Unternehmen führt, muss optimistisch sein.“