„Erst wenn man ein Unternehmen gegründet hat, weiß man, was auf einen zukommt“, sinnierte Josef Winter, Direktor der privaten Höheren Lehranstalt für Landwirtschaft und Ernährung Graz-Eggenberg, zu Beginn der Gründungsgeneralversammlung der zweiten steirischen Schülergenossenschaft. „Es ist beachtlich, was die Schüler geleistet haben.“ Der hohe Einsatz fiel auf fruchtbaren Boden, das angepeilte Mindestkapital erreichte binnen kürzester Zeit die dreifache Höhe.
Das Lagerhaus Graz Land agiert dabei als die obligatorische Partnergenossenschaft, deren Chef Josef Hütter fügt sich gerne in die Rolle des Mentors ein: „Die Schülergenossenschaft ist die perfekte Chance, das Handelsgeschäft in Realität zu lernen. Zudem werden hier unsere potenziellen Kunden ausgebildet, viele Eltern der Schüler sind auch Eigentümer der Genossenschaft Graz Land.“
„Der Name ‚Mischkultur‘ für die Genossenschaft kam von den Schülern und ist Programm“, betonte Direktor Winter, damit sollen „Geschichten über die landwirtschaftlichen Kulturen erzählt werden, die die Konsumenten erreichen und auch von ihnen verstanden werden“. Ausdrücklich bedankte sich Winter beim Raiffeisenverband Steiermark, der mit „viel Sachverstand und Akribie“ den gesamten Prozess begleitete. „Das strenge Protokoll und die klaren Vorgaben durch die Revision des Raiffeisenverbandes waren wie ein Brevier (das offizielle Stundengebet der Kirche, Anm.) für uns“, sagte Winter, was angesichts der katholischen Privatschule gleich ein ganz besonderes Gewicht bekommt. „Wirtschaften kann man nicht ohne echtes Geld lernen. Ebenso Kalkulation, Marketing und Vertrieb nicht ohne echte Produkte. Das eng eingebundene Unterrichtsministerium wird das Engagement der Schüler mit einem speziellen Zertifikat würdigen.“
Der eigentliche Geschäftsbetrieb der Genossenschaft Mischkultur startet zu Schulbeginn im September. Bei einem Pflanzenmarkt wird es beispielsweise ausgesuchte Setzlinge geben, beim Adventmarkt werden unter anderem Produkte von Absolventen zum Wiederverkauf angeboten. Mit der landwirtschaftlichen Fachschule Grottenhof ist zudem eine enge Zusammenarbeit geplant.
Vielfältige Motivationsgründe der Schüler
Die Schüler finden zur Gründung offene Worte: „Ich mache das, weil ich gerne schon in der Schule unternehmerische Erfahrungen sammeln möchte und mich zudem gerne bei schulischen Projekten beteilige“, sagte Vorstandsmitglied Silvia Hechenberger. Für David Fürntratt, Vorsitzender des Aufsichtsrats, ist die Schülergenossenschaft „eine gute Gelegenheit, anhand derer ich mich entscheiden kann, ob ich selber mal eine Genossenschaft gründen oder ob ich in einer arbeiten möchte“. Einen klaren Vorteil sieht er darin, dass „wir hier mit echtem Geld und echten Waren arbeiten. Das Zertifikat ist für mich ebenso ein großes Plus“. Simon Kober, Mitglied im Aufsichtsrat, war anfangs ein wenig skeptisch, findet aber mehr und mehr Gefallen daran, ganz verflogen sind seine Vorbehalte jedoch noch nicht. Der Einstieg von Obfrau Anna-Lena Hofmann verlief, wie es bei einer „Mischkultur“ durchaus naheliegend ist, nicht ganz gradlinig: „Ich habe die Funktion weder angestrebt, noch war ich mir sicher, ob ich mitmachen soll. Jetzt aber bin ich beeindruckt vom Enthusiasmus und der Motivation der Schüler, die beim Aufbau der Genossenschaft mitwirken. Jeden Tag wachsen wir ein Stück zusammen und lernen unglaublich viel. Ich bin sehr dankbar für die Möglichkeit, die uns geboten wird.“
Weitere Schülergenossenschaften in Österreich
- Einkauf und Vertrieb von Funktionskleidung an der HBLA für Forstwirtschaft Bruck an der Mur
- Landwirtschaftliche Nutztierhaltung an der HBLBA St. Florian
- Kerzen aus nachhaltigem Bienenwachs an der Agrar-HAK Ried
- Regionaler Online-Marktplatz an der Praxis-HAK Völkermarkt
- Regionales Trinken am Francisco Josephinum Wieselburg
- In Salzburg wird Nachhilfe für Schüler organisiert.
- Kostengünstigen Schulutensilien an der BHAK/BHAS Zell am See