FMA prüft Wohnkreditvergabe

Trotz Zinswende und verschärfter Standards steigen variabel verzinste Darlehen. Die FMA will nun die Kreditvergabestandards und die Beratung unter die Lupe nehmen.

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Die Finanzmarktaufsicht (FMA) sieht die österreichischen Banken trotz der sich eintrübenden Wirtschaftslage in einer guten Verfassung. Sie verdienen sehr gut, sagte FMA-Vorstand Helmut Ettl im Klub der Wirtschaftspublizisten. Er rät ihnen aber, die Gewinne nicht gänzlich auszuschütten, sondern zu thesaurieren, um so die Eigenmittel zu stärken. Im Vergleich zur letzten großen Finanz- und Wirtschaftskrise vor 15 Jahren, als die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers eine globale Vertrauens- und Wirtschaftskrise ausgelöst hatte, seien die Kreditinstitute heute wesentlich besser aufgestellt. Sie sollten genügend Puffer haben, um eventuelle Krisenentwicklungen zu meistern, so Ettl weiter.

Ein besonderes Augenmerk will die Aufsichtsbehörde aber auf die Kreditvergabestandards der Banken im Bereich der Wohnbaufinanzierung legen. Seit 2010 gehe in Österreich eine Schere zwischen den Wohnimmobilienpreisen und Einkommen auseinander. „Die Preise für Wohnimmobilien haben sich mehr als verdoppelt, während sich die Einkommen um 55 Prozent erhöht haben“, skizzierte Ettl die Entwicklung. Die dahinter stehenden Triebkräfte seien vor allem die niedrigen Zinsen gewesen. Sie hätten den Immobilienerwerb trotz der gestiegenen Preise leistbar gehalten. Dazu beigetragen hätten auch die vor allem seit 2017 „erodierenden Kreditvergabestandards der Banken“. Folglich sei es zu einer Überbewertung von Wohnimmobilien von 35 bis 40 Prozent in den Jahren 2021/22 gekommen. Mit der Zinswende und den verschärften Kreditvergabestandards durch die sogenannte KIM-Verordnung (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung) sei die Überbewertung spürbar auf 25 bis 29 Prozent zurückgegangen. 

„Land der variablen Kredite“

FMA-Vorstand Helmut Ettl
FMA-Vorstand Helmut Ettl © FMA

Die Kreditvergabe habe im Jahr 2022 „alle Rekorde gebrochen“, so der FMA-Vorstand, der mit Blickrichtung nach Europa betont: „Österreich ist das Land der variabel verzinsten Kredite. Es gibt kein anderes Land, wo der Anteil der variabel verzinsten Kredite so hoch ist.“ 2014 habe dieser hierzulande 80 Prozent betragen. In den vergangenen knapp zehn Jahren sei er dann allmählich auf rund 30 Prozent gesunken. Paradox sei nun aber, dass seit Mitte 2022, also praktisch seit der Zinswende bzw. den schärferen Kreditvergabestandards, der Anteil der variabel verzinsten Kredite wieder auf über 50 Prozent gestiegen sei.

Eine mögliche Erklärung: „Die Leute glauben nicht, dass die Zinsen nachhaltig gestiegen sind.“ Möglicherweise hätten sich viele aber auch fixe Zinsen einfach nicht leisten können. Die Gründe dafür will sich die Behörde jetzt genauer ansehen: „Wie der Entscheidungsprozess des Individuums ist, wissen wir nicht“, räumt Ettl ein. Deshalb sollen die Kreditvergabestandards und die Beratung genauer unter die Lupe genommen werden. Die derzeit geltenden Standards seien „gerade noch vertretbar“ und im europäischen Vergleich immer noch „großzügig“, so Ettl. Vorgesehen ist derzeit unter anderem, dass die Kreditraten 40 Prozent des Haushaltseinkommens nicht übersteigen dürfen und der Eigenmittelanteil beim Immobilienkauf 10 Prozent betragen muss bzw. 20 Prozent, wenn man die Nebenkosten des Kredits berücksichtigt.

KIM-Verordnung evaluieren

Kritik an den vorgeschriebenen Kreditvergabestandards kommt von Johannes Rehulka, Generalsekretär des Österreichischen Raiffeisenverbandes und Geschäftsführer des Fachverbandes der Raiffeisenbanken: „Die Neukreditvergabe ist im Vergleich zum Vorjahr um bis zu 70 Prozent eingebrochen, die Immobilienpreise sinken bereits. Aufgrund dieser geänderten Rahmenbedingungen muss die KIM-Verordnung ernsthaft evaluiert werden. Dabei muss bewertet werden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die KIM-Verordnung überhaupt noch vorliegen.“

Auch Gerald Gollenz, Obmann des Fachverbandes der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Österreich, fordert eine Reform der Verordnung, denn die strengen Kreditauflagen würden erhebliche Probleme bei der Wohnimmobilienfinanzierung verursachen. Zudem mehren sich die Fälle, in denen heimische Wohnungs- und Hauskäufer für Finanzierungen nach Deutschland ausweichen würden. Er rät zu mehr Flexibilität bei der Schuldendienstquote: „Diese sollte nicht starr vorgegeben sein, sondern alle Komponenten – wie etwa niedrige Kosten bei besonders energieeffizienten Gebäuden – berücksichtigen. Ganz wichtig wäre das vor allem bei Immobilienfinanzierungen mit Fixzinssatz auf eine Mindestlaufzeit.“