Wir brauchen ein neues Wirtschaftsdenken

Zunehmende Unwetterextreme, bedingt durch den Klima­wandel, und der rasant fortschreitende Bodenverbrauch sind die größten Herausforderungen für die österreichische (Land-)Wirtschaft. Neben der Gefährdung von Existenzen bringen diese aber vor allem eines mit sich: Sie sind teuer und werden noch teurer!

Der Klimawandel, also die Erderwärmung, ist längst in Österreich für uns alle spürbar und leider zur Normalität geworden. Die Landwirtschaft, mit ihrer Werkstatt unter freiem Himmel, ist vom Klimawandel jedoch besonders stark betroffen. Die Erderwärmung sorgt dafür, dass mehr Energie und Wasserdampf in der Atmosphäre ist, und dies führt vermehrt zu extremen Unwettern. Dabei können Hagel, Sturm und Überschwemmung die Äcker, Wiesen, Wein-, Obst- und Gemüsegärten regelrecht verwüsten. Doch auch ausbleibender Niederschlag ist ein zunehmend heißes Thema in der Landwirtschaft. Wie enorm die Folgen des Klimawandels sind, zeigen die Schäden in der heimischen Landwirtschaft: 170 Millionen Euro im heurigen Jahr, knapp zwei Milliarden Euro – die Hälfte davon alleine durch das Risiko Dürre – in den vergangenen zehn Jahren. Das sind gewaltige Summen! 

Land der Bagger 

Agrarflächen werden nicht nur durch zunehmende Naturkatastrophen zerstört, sondern zusätzlich auch durch ungezügelte Verbauung für immer aus der Produktion genommen und damit zerstört. Österreich ist hier Europameister – allerdings im negativen Sinn: 11,5 Hektar (umgerechnet 16 Fußballfelder) Äcker und Wiesen werden pro Tag für den Bau von Straßen, Supermärkten, Immobilien und Gewerbebetrieben verbaut. Dabei haben wir eines der dichtesten Straßennetze Europas (15 m/Kopf), sind ebenso bei den Supermarktflächen (1,67 m2/Kopf) im Spitzenfeld und haben 40.000 Hektar leerstehende Immobilien, was einer Größenordnung der Stadt Wien entspricht. Aufgrund des steigenden Bodenverbrauchs werden Wetterextreme weiter zunehmen, da wir durch die Verbauung einerseits wertvollen Kohlenstoffspeicher verlieren. Mehr CO2 in der Atmosphäre beschleunigt die Erderwärmung. Andererseits kann zubetonierter Boden bei Starkniederschlägen kein Wasser aufnehmen, Überschwemmungsschäden nehmen zu. Zusätzlich entzieht uns fehlender Boden die Grundlage für die Lebensmittelproduktion. Österreich hat beim Brotgetreide mittlerweile nur mehr einen Selbstversorgungsgrad von 87 Prozent, bei Kartoffeln 85 Prozent, bei Gemüse 55 Prozent, bei Obst 45 Prozent und bei Soja nur 34 Prozent. Wohin Abhängigkeiten aus dem Ausland führen, das sehen wir aktuell. Eines muss daher klar sein: „Von Beton können wir nicht abbeißen und ein Land mit immer weniger Böden ist wie ein Mensch mit immer weniger Haut. Nicht überlebensfähig!“ 

Dr. Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender Österreichische Hagelversicherung
(c) Picturedesk.com/APA/Hans Punz

„Von Beton können wir nicht abbeißen.“

Kurt Weinberger,
Vorstandsvorsitzender Österreichische Hagelversicherung

Wirtschaft muss neu gedacht werden

Zur Erreichung des 2,5-Hektar-Ziels der Bundesregierung braucht es neben einem umfassenden Maßnahmenbündel – wie Leerstandsanierung, eine Novelle zur Umweltverträglichkeitsprüfung, konsequente Innenentwicklung, mehr direkte Demokratie durch Volksbefragungen etc. – sowie einer verbindlichen Bodenschutzstrategie auch ein volkswirtschaftliches Umdenken. Nicht die Natur braucht uns, sondern wir brauchen die Natur. Daher müssen wir die Natur schützen und endlich einen Wandel hin zu einem intelligenteren Wirtschaftsdenken einleiten. Unbegrenztes Wirtschaftswachstum mit Gewinnmaximierung zu Lasten der Natur ist nicht mehr zeitgemäß. Das ist altes Denken. In Zeiten von Umweltkrisen wird dieses Denken von jungen Menschen zu Recht zunehmend kritisiert. Nur, sie werden leider viel zu wenig gehört, viel zu stark sind die anderen Kräfte. Eines ist klar: Weitermachen wie bisher ist keine Option. Wir dürfen den Wohlstand einer Gesellschaft nicht allein an einer einzigen Kennzahl, dem Bruttoinlandsprodukt, bemessen. Wirtschaft muss neu gedacht werden! Wir müssen in die jährliche volkswirtschaftliche Gesamtrechnung auch die Kennzahl Naturkapital aufnehmen. Wie viel Böden haben wir wieder durch Verbauung für immer zerstört? Alleine in den letzten 25 Jahren wurden in Österreich 150.000 ha Äcker und Wiesen aus der Produktion genommen. Das entspricht der Agrarfläche des Bundeslandes Burgenland. Aber auch das Humankapital gehört berücksichtigt – wie geht es den Menschen bei der Entwicklung.

Bodenschutz ist Klimaschutz

Faktum ist: Der Boden ist ein Wunderwerk und eine nicht erneuerbare, wertvolle Ressource. In einer Handvoll Erde leben mehr Lebewesen, als es Menschen auf der Erde gibt – 8 Milliarden! Dieses Wunderwerk Boden liefert uns Lebensmittel, Energie und Rohstoffe, bindet Kohlenstoff und reguliert damit Dürren, reinigt Wasser und reduziert die Hochwassergefahr, gibt Menschen, Tieren und Pflanzen Lebensraum. Der Boden ist, neben allen anderen Maßnahmen im Kampf gegen die Klimakrise, entscheidend für die Bewältigung des Klimawandels – der größten gesellschaftlichen Herausforderung unserer Zeit. Was hilft die beste Risikoabsicherung gegen Wetterextreme, wenn landwirtschaftliche Flächen durch Verbauung zerstört werden. Auch unsere Kinder und Kindeskinder wollen eine lebenswerte Zukunft haben – das sind wir ihnen schuldig.

Dürreschäden bei Mais
Dürreschäden bei Mais (c) ÖHV

Der agrarische Spezialversicherer

In der Landwirtschaft sind 80 Prozent des Ertrags vom Wetter abhängig. Für landwirtschaftliche Betriebe ist eine Versicherung mittlerweile eine betriebliche Notwendigkeit. Die Öster­reichische Hagelversicherung unterstützt die Landwirtinnen und Landwirte mit der umfassendsten Produktpalette und der raschesten Schadenserhebung Europas bei der Risikovorsorge. So werden landwirtschaftliche Kulturen neben Hagel auch gegen Dürre, Überschwemmung, Sturm, Frost und zehn weitere Risiken versichert. Der Spezialversicherer ist auch Österreichs größter Tierversicherer.

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