Impulse auf dem Weg zum digitalen Euro

Der Fachverband der Raiffeisenbanken lud zur ersten Ausgabe der neuen Veranstaltungsreihe „Impulse“ ins Raiffeisenhaus Wien ein.

Saalfoto von
© Roland Rudolph

Mehr als 130 Gäste aus Politik und Wirtschaft folgten der Einladung des Fachverbandes der Raiffeisenbanken, um unter dem Titel „Auf dem Weg zum digitalen Euro“ Informationen aus erster Hand zu hören, aber auch, um das Thema gemeinsam mit hochrangigen Experten und unter der Moderation von Johannes Rehulka, Generalsekretär des Österreichischen Raiffeisenverbandes (ÖRV) und Geschäftsführer des Fachverbandes der Raiffeisenbanken, zu diskutieren. 

Als Obmann des Fachverbandes stellte Michael Höllerer, Generaldirektor der Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien, in seiner Begrüßung klar: „Wir wollen faktenbasierte Diskussionen fördern, Argumente austauschen und auch die andere Seite hören.“ Oft gebe es vorgefertigte Meinungen zu einem Thema und der Diskurs komme abhanden. Daher soll dieses Veranstaltungsformat Entscheidungsträgern des Raiffeisensektors und darüber hinaus eine Plattform bieten, aktuelle Themen durchaus auch kontroversiell zu diskutieren.

Der Fachverband als Interessenvertretung für die Raiffeisen Bankengruppe hat daher zum Thema „digitaler Euro“ ein hochrangig besetztes Panel eingeladen: Neben dem Vize-Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) Gottfried Haber haben sich auch der Sektionschef für Wirtschaftspolitik, Finanzmärkte und Zölle im Finanzministerium Harald Waiglein und der deutsche Ökonom Peter Bofinger den zahlreichen Fragen der Teilnehmer gestellt.  

Viele offene Fragen

Zwei Jahren lang hat die Europäische Zentralbank (EZB) überlegt und abgewogen, ob sie den digitalen Euro einführen will. Ende Oktober hat sie nun bekannt gegeben, dass sie die sogenannte Vorbereitungsphase starten wird, die ebenfalls auf zwei Jahre angelegt ist. In dieser Zeit soll der Grundstein für eine mögliche Einführung des digitalen Euro gelegt werden. Unter anderem sollen das Regelwerk fertiggestellt und Anbieter für die Entwicklung von Plattform und Infrastruktur ausgewählt werden. 

Gottfried Haber bei "Impulse – Auf dem Weg zum digitalen Euro"
Gottfried Haber © Roland Rudolph

Wie genau der digitale Euro ausgestaltet werden soll, dahinter stehen noch viele Fragezeichen. Nicht zuletzt deshalb räumte auch OeNB-Vizegouverneur Haber ein, dass dieses Thema eine differenzierte Herangehensweise erfordere und die Interessenslage der verschiedenen Stakeholder – vom Internationalen Währungsfonds über die Europäische Zentralbank bis zu den Konsumenten – in der Diskussion Platz haben sollte. Eines sei klar: „Der digitale Euro und Bargeld sind Geschwister und keine Gegner“, unterstreicht Haber, dass der digitale Euro das Bargeld nicht ersetzen soll, sondern ergänzen. Auch sollen Notenbanken durch die Einführung einer digitalen Währung nicht in das Geschäftsmodell von Geschäftsbanken hineinwirken.

Trotz vieler offener Details gibt es vielerorts Skepsis gegenüber der Einführung einer digitalen Währung, so etwa auch bei Österreichs Finanzminister Magnus Brunner. Zu den großen Kritikern eines digitalen Euro zählt der deutsche Ökonom Peter Bofinger, der in einem Gutachten zur Einführung einer digitalen Währung zum Schluss kommt, dass dieser insbesondere für Regionalbanken nachteilige Auswirkungen haben kann: „Der Nutzen eines digitalen Euro ist nicht erkennbar, die Kosten sind hoch und die Risiken bestimmt nicht gering“, so Bofinger, der an der Universität Würzburg lehrt. Die Einführung eines digitalen Euro sei für ihn daher „unverständlich“. 

Wie alkoholfreier Wein

Der Ökonom sieht derzeit jedenfalls keine überzeugenden Anwendungsfälle für den digitalen Euro. Er sei für die Konsumenten so unattraktiv wie „alkoholfreier Wein“ – denn beim Wein schätze man den Alkohol, beim Bargeld die physische Verfügbarkeit. Es handelt sich seiner Meinung nach um ein „Bauprojekt ohne Bauplan“ und stelle eine große Belastung vor allem für Regionalbanken dar, die sich großteils aus Einlagen aus der Region finanzieren. 

In der Diskussion um Chancen und Risiken eines digitalen Euro merkte Sektionschef Waiglein zunächst kritisch an, dass die gesamte Argumentation zu diesem Thema „defensiv“ gelaufen sei und man versucht habe, negative Entwicklungen abzumildern. Für eine digitale Währung spreche der „Stabilitätsfaktor“, gleichzeitig gebe es noch viele offene Fragen, die dringend geklärt gehörten.  

„Die Veranstaltung hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig es ist, unterschiedliche Meinungen zu einem kontroversiellen Thema eine Bühne zu geben, um gemeinsam die Zukunft zu gestalten“, fasste Rehulka zusammen. So soll es ein- bis zweimal im Jahr „Impulse“-Veranstaltungen zu aktuellen Fragestellungen geben, um den Dialog aller Beteiligten in der Finanzbranche zu fördern und das Verständnis auch für unterschiedliche Positionen zu stärken. „Wir wollen dem sachlichen Diskurs abseits von parteipolitischen Auseinandersetzungen eine Bühne geben“, betonte Rehulka.