Banken kommen Kunden in Not entgegen

Banken und Finanzministerium einigen sich auf Maßnahmen im Zusammenhang zu den aktuellen Diskussionen um Zinsentwicklung und Bargeldversorgung.

Angesichts der öffentlichen Debatte über steigende Kreditzinsen greifen Österreichs Banken nun Kreditnehmern unter die Arme, die aufgrund der Zinslast unter Druck gekommen sind. Vor allem variabel verzinste Darlehen sind zuletzt für Konsumenten mancherorts zum Problem geworden, da die Banken durch die Leitzinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) ihre Zinssätze anheben und damit auch die Rückzahlungsraten für variable Kredite steigen. In Österreich sind mehr als die Hälfte der Immobilien-Kredite variabel verzinst – im internationalen Vergleich ein hoher Wert. 

Die Bundessparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) hat sich daher nach intensiven Gesprächen mit dem Finanzministerium auf ein Maßnahmenpaket zur Unterstützung von Kreditnehmern geeinigt. So soll es bei variablen Immobilien-Krediten für eigens genutzten Wohnraum mit Beginn 1. Oktober 2023 und befristet auf die Dauer von zwölf Monaten keine Verrechnung von Mahnspesen und Verzugszinsen geben, sollte ein Kreditnehmer Probleme bei der Tilgung seiner Kreditraten haben. In Einzelfällen sollen auch Stundungen oder eine Verlängerung der Laufzeiten möglich sein. Die Ausfallraten der Banken seien aber auch weiterhin historisch niedrig und es gäbe zum jetzigen Zeitpunkt keinen Grund zur Sorge, hieß es aus der Bundessparte. 

Zugang zu Bargeld sicher

Auch das Thema Bargeldversorgung in Österreich ist Teil des vereinbarten Bankenpakets. Die Diskussion der letzten Wochen hat gezeigt: Bargeld ist und bleibt den Menschen in Österreich wichtig. Damit der einfache und unkomplizierte Zugang zu Bargeld auch zukünftig gewährleistet bleibt, setzen die heimischen Kreditinstitute auch in diesem Bereich ein Signal. Gemeinden, die für ihre Bürger einen Bankomaten durch die Payment Services Austria (PSA) betreiben wollen, erhalten ein spezielles Angebot zum Selbstkostenpreis. „Damit wollen wir einen Beitrag leisten, dass − ungeachtet der schon jetzt hohen Versorgungsdichte mit Bankomaten in Österreich − auch Gemeinden in strukturschwächeren Gegenden eine angemessene Versorgung mit Bargeld sicherstellen können“, versichert der Obmann der WKÖ-Bundessparte Bank und Versicherung, Willibald Cernko.

Transparenz-Datenbank 

Um den Menschen einen noch einfacheren und schnelleren Zugang zu Informationen über die Höhe der Sparzinsen in Österreich zu geben, erklären sich die österreichischen Banken zudem bereit, die Konditionen für 6, 12 und 24 Monate gebundene Spareinlagen an eine von der Österreichischen Nationalbank (OeNB) betriebene Plattform einzumelden. Der Markt sei nach wie vor von der jahrelangen EZB-Politik des billigen Geldes und der aktuell verhaltenen Kreditnachfrage geprägt. Durch verbesserte Transparenz soll der Zinsvergleich bei Spareinlagen vereinfacht und damit der Trend zu weiter steigenden Sparkonditionen und höherwertigen Veranlagungsformen gefördert werden, so Cernko.  

Hilfe für Wohneigentum 

Im Kontext der Neuevaluierung der KIM-Verordnung beabsichtigen die Banken, eine „Eigenheiminitiative“ auf die Beine zu stellen. Geplant sei, einmalig einen substanziellen Betrag von bis zu einem dreistelligen Euro-Millionenbetrag zur Verfügung zu stellen. Aus diesem Topf sollen insbesondere junge Familien für die eigengenutzte Immobilie mit zeitlich befristeten Zinszuschüssen gefördert und unterstützt werden. Die Details werden aktuell von einer Expertengruppe ausgearbeitet. „In Verbindung mit einer Abschaffung der Regelungen der KIM-Verordnung – oder zumindest einer deutlichen Lockerung – sollte diese Initiative dem Thema ‚Eigenheim − leistbares Wohnen‘ wieder neues Leben einhauchen“, sagt Cernko. Details wolle man im Herbst verkünden. 

„Wir werden jenen, die Probleme mit der Finanzierung der eigenen vier Wände bekommen, zur Seite stehen und sie unterstützen. Außerdem leisten wir unseren Beitrag, den einfachen Zugang zu Bargeld weiterhin bestmöglich sicherzustellen. Weiters wollen und werden die österreichischen Banken bei Sparzinsen noch mehr Transparenz schaffen“, fasst der Spartenobmann das Maßnahmenpaket der heimischen Banken zusammen. „Damit wird in Abstimmung mit der Bundesregierung dort geholfen, wo Hilfe wirklich notwendig ist und nicht populistisches Kleingeld gewechselt, was dem Standort langfristig schadet.“ Denn in einem Multikrisen-Umfeld könnten Menschen, die einen Kredit für die Finanzierung ihrer eigenen vier Wände haben, Probleme bekommen. Daher würden Österreichs Banken hier ein klares Zeichen setzen und den heimischen Kreditnehmern entgegenkommen. 

Gegen staatliche Eingriffe

Cernko nimmt jedoch auch die Kreditnehmer in die Pflicht. In Beratungsgesprächen würden Alternativen aufgezeigt, letztlich müssten die mündigen Bürger aber entscheiden, ob sie die Risiken steigender Zinsen tragen wollen. Immerhin habe sich die Hälfte der Kreditnehmer für einen Fixzinskredit entschieden und damit einen finanziellen Mehraufwand gegenüber den variablen Verträgen auf sich genommen. Staatliche Eingriffe wie Zinsdeckel, die Bürgern mit variablen Krediten zugutekommen, betrachtet Cernko als nicht gerechtfertigt. „Man kann nicht jenen, die bewusst den spekulativen Ansatz gewählt haben, entgegenkommen. Das wäre ein absolut schädlicher Eingriff in den Markt“, so der Spartenobmann. Man sei jedoch bemüht, auf jeden Kreditnehmer mit individuellen Lösungen zuzugehen.

Stabiler Bankensektor

„Zins- und Geldpolitik sind die klar zugewiesenen Aufgaben der Europäischen Zentralbank − abseits von tagespolitischen Diskussionen. Jede Regierung ist bei angedachten Eingriffen gut beraten, sich eng mit der EZB abzustimmen, um Stabilität und Sicherheit zu gewährleisten. Europa steht vor großen Herausforderungen. Angefangen von der Krisenbewältigung im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg bis hin zur nachhaltigen Transformation. Gerade in einer KMU-geprägten Wirtschaft wie in Österreich braucht es einen starken und stabilen Bankensektor, um diese Herausforderungen gemeinsam zu stemmen“, so Cernko.

Reaktiviert werden sollen nach Angaben von Finanzminister Magnus Brunner die Bundesschätze, um ein zusätzliches Angebot für die Konsumenten zu schaffen. Dabei gibt die Republik fest verzinste Staatsanleihen für Private aus, die dann „unmittelbar und direkt“ in Anspruch genommen werden können. „Solche Produkte sorgen auch für Wettbewerb zugunsten der Kunden“, ergänzt Brunner. Österreich hatte das Online-Sparprodukt, damals zugänglich über bundesschatz.at, angesichts der Niedrigzinsen im Jahr 2019 eingestellt.

AusgabeRZ35-2023

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