Marianne Mendt hat mit der „Glock’n“, das, was man später Austro-Pop nannte, eingeläutet. Sie hat ein Album mit Wiener Liedern veröffentlicht und diverse Jazz-Alben, wie „Jazz Mendt Live“, „Momendts“ oder „That’s EntertainMENDT“. Ihre Bandbreite ist nicht nur in musikalischer Hinsicht beeindruckend, sondern auch was ihre schauspielerischen Leistungen anbelangt, sei es als Trafikantin Gitti Schimek im „Kaisermühlen-Blues“, als Mörderin in „Qualtingers Wien“, in Komödien wie „Dinner for two“ oder als hypochondrische Mutter in „Seine Mutter und ich“. Marianne Mendt feiert heuer ihren 80. Geburtstag und begibt sich auf Tour durch Österreich.
Sie betonen immer wieder, dass es Ihnen immer nur um Musik geht. Was macht Musik mit Ihnen?
Marianne Mendt: Es wäre unvorstellbar, hätte ich die Musik an sich nicht, aber es geht schon in Richtung Jazz oder Jazz-ähnliche Musik, was mich wirklich berührt. Je älter ich werde, umso ungnädiger bin ich (lacht). Es gibt nur gute oder schlechte Musik, wie ja schon Duke Ellington sagte. Musik ist das Lebenselixier, das mich seit Kindheit erfüllt, abgesehen natürlich von vielen anderen Dingen in meinem Leben.
Vor fünf Jahren musste ihre große Gala pandemiebedingt abgesagt werden. Wird das nun am 1.11. im Konzerthaus Wien nachgeholt?
Mendt: Ja und nein. Mein Repertoire ist immer ähnlich, was meine ganzen Lieder betrifft, die ich im Laufe der vielen Jahre aufgenommen habe, aber es kommen natürlich immer wieder neue Sachen dazu. Am 1.11. ist es ein bisschen anders, da singe ich auch mit Menschen im Duett, mit denen ich eine große Verbindung habe. Fix dabei ist Conchita, 5/8erl in Ehr’n und Viktor Gernot. Er ist für mich soundso einer der besten swingenden Sänger. Ina Regen wird ebenfalls dabei sein, die ich bei meiner Jazznachwuchsförderung „entdeckt“ habe. Das freut mich ungemein, dass sie mit eigenen Kompositionen so durchstarten konnte. Mit Katharina Straßer werde ich ebenfalls ein Duett singen. Sie erinnert mich zum Teil an mich selber von vor zig Jahren. Mit ihr habe ich jetzt auch einen Film gedreht, der erstmals im Herbst im ORF ausgestrahlt wird. Arbeitstitel: „Bis auf weiteres – unsterblich.“
Gab es bei Ihnen Nervosität vor Auftritten, oder gibt es die heute auch noch?
Mendt: Das ist leider immer der Fall und wird leider immer ärger. Ich mache davor zwar kein Yoga, so wie meine Tochter, aber ich versuche mich zu beruhigen. Das ist eine blöde G’schicht’ und hört leider nicht auf.
Das überrascht mich jetzt. Ich habe immer gedacht, dass Sie da ganz cool sind.
Mendt: Ja, das war ich in den jungen Jahren. Diese Unverfrorenheit, die ich gehabt habe, mit 20, 30 Jahren, die hätte ich gerne noch. Ich weiß nicht, was da in einem vorgeht, entweder die Möglichkeit, was passieren könnte, oder es ist die Ehrfurcht vor dem Publikum. Es ist ja nicht selbstverständlich, dass die Leute zum Konzert kommen und mir zuhören. Da bin ich sehr dankbar, und diesen Respekt zeige ich auf der Bühne. Die Leute zahlen dafür und deswegen muss man auch immer versuchen, das Beste zu leisten.
Wenn man in die Jahre kommt, wird man häufig mit der Vergangenheit konfrontiert. Spielt Sentimentalität für Sie irgendeine Rolle? Alleine mit dem Begriff ergäbe es ja ob Ihres Namens ein schönes Wortspiel.
Mendt: (lacht) Eigentlich nein. Ich bin überhaupt nicht traurig oder denke zurück, wie schön das war – schöne Zeiten hat es immer gegeben. Ich denke an das Jetzt und ich denke an das Morgen, und bin mir gar nicht bewusst, dass ich eigentlich jetzt, wenn’s gut geht, bald den Achter vor mir hab. Da glaube ich manchmal, ich rede von einer anderen Person und habe nicht das Gefühl, dass es mich betrifft. Mir war das Alter immer egal, ich habe mich nie älter oder jünger gemacht. Es geht immer alles weiter und das ist gut so.
„Schauspiel kann man nicht erlernen. Schauspiel hast du oder hast du nicht.“
Marianne Mendt
1972 erhielten Sie Ihre erste Musicalrolle in „Funny Girl“. Welche Erinnerungen daran haben Sie?
Mendt: Jahre davor bin ich mit meiner Mutter in Wien ins Kino gegangen, um „Funny Girl“ zu sehen. Und habe – das ist jetzt kein Schmäh – zu meiner Mama gesagt: „Das wär’ was, das würde ich auch gerne spielen.“ Genau das war dann die erste Rolle, die mir im deutschsprachigen Raum angeboten wurde. Das war wirklich toll. Rolf Kutscher, der im Theater an der Wien Intendant war, kam nach Essen, wo er mich hörte und mich dann für „Das Apartment“ engagierte. Dann hat es sich herumgesprochen, dass ich zusammenhängende Sätze sagen kann, und irgendwann ist der Regisseur Johannes Schaaf gekommen und hat mich für das Theater in der Josefstadt engagiert. Musik und Schauspiel lief immer parallel, das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ich bin auch der Meinung, dass man Schauspiel nicht erlernen kann. Schauspiel hast du oder hast du nicht. Es hat viel mit Musik zu tun, weil du zuhören musst. Das Miteinander, das in der Musik so toll ist, kann man auch im Schauspiel verwenden. Das hilft einem sehr.
Spätestens durch Ihre Filmrolle im „Kaisermühlen Blues“ (1992–2000) wurden Sie nachhaltig weltberühmt in Österreich. Wie zeitgemäß ist die Gitti Schimek noch?
Mendt: Das ist schwer zu beantworten. Man kann sie natürlich in die heutige Zeit transferieren und inhaltlich aktualisieren, aber der Typ der Menschen in der Serie hat sich nicht geändert. Viktor Frankl sagte, entweder man ist anständig oder man ist unanständig. Letztere kommen im „Kaisermühlen-Blues“ zuhauf vor. Das ist relativ zeitlos.
Gibt es ein Lieblingslied von Ihnen, das Sie veröffentlicht haben?
Mendt: Von Cole Porter „I’ve Got You Under My Skin“, im Originalarrangement von Nelson Riddle für Frank Sinatra. Hans Salomon hat das vor ca. 30 Jahren in meine Tonart gebracht. Dieses Lied liebe ich heiß und innig. Das werde ich mit der Big Band wieder live singen. Ansonsten ist mein Repertoire viel zu groß, um ein Lieblingsalbum oder Lied zu nennen.
Was bedeutet für Sie ein geglückter Tag?
Mendt: Ein geglückter Tag? Da muss ich nachdenken … Dass im Alter alles klappt und nichts weh tut und dass man alles erledigt, was man erledigen wollte, nichts verschoben hat, und am Abend mit Freunden beim guten Glas Wein zusammensitzt. Ich habe und hatte viele geglückte Tage.