Lukas Herburger ist es „nicht gewöhnt zu verlieren“

Österreichs Handball-Star Lukas Herburger von den Füchsen Berlin über den großen Reiz der Champions League, Sieger-Mentalität, die beste Liga der Welt und warum die ganz großen Erfolge immer nur im Team zu erringen sind.

Die Machineseeker EHF Champions League ist der größte Bewerb, den es im europäischen Vereins-Handball gibt. Seit diesem Jahr ist die Raiffeisen Bank International (RBI) Partner der Königsklasse, und zwar bei den Frauen und bei den Männern. Bei Letzterer ist mit Lukas Herburger, Legionär beim deutschen Vizemeister Füchse Berlin, ein Österreicher mit von der Partie. Wir baten den 29-jährigen Kreisläufer, der zuvor bereits in der Schweiz (Kadetten Schaffhausen) und Österreich (HC Hard) große Erfolge feierte, zum Interview.

Sie haben sich nach sechs erfolgreichen Jahren bei den Kadetten Schaffhausen im vergangenen Sommer entschieden, nach Berlin in die deutsche Handball-Liga zu wechseln. Warum konnten Sie dem Werben der Füchse nicht widerstehen?
Lukas Herburger: Nach sechs Jahren in der Schweiz war für mich schon vieles zur Routine geworden. Und als es sich dann für mich ergeben hat, in der stärksten Liga der Welt zu spielen, war schnell klar, dass ich das unbedingt machen möchte. Dort einmal zu landen, war immer schon mein Traum. Und dass es dann auch noch bei einem Klub wie den Füchsen klappt, ist umso schöner. Ich wollte diese Herausforderung unbedingt annehmen.

Wie Sie sagen, gilt Deutschland als die beste Liga der Welt. Was macht sie denn aus, abgesehen davon, dass sich dort viele Weltstars des Handballs tummeln?
Herburger: Zum einen die Ausgeglichenheit. Hier kann jedes Team jedes andere schlagen. Erst recht, weil die Top-Mannschaften die Mehrfach-Belastung durch die Champions League beziehungsweise die European League (Anm.: zweithöchster Bewerb) haben. Darüber hinaus sind die Hallen immer extrem voll, man spielt immer vor einer tollen Kulisse. Und du kannst dich mit den stärksten Spielern der Welt messen, was sonst ja nur auf Nationalteam-Ebene möglich ist.

Sie haben mit Hard die Qualifikation zur Champions League gespielt, mit Schaffhausen waren Sie einmal in der Gruppenphase dabei. Spielte es auch eine Rolle, in diesem Bewerb nochmal angreifen zu können?
Herburger: Auf jeden Fall! Bei der Champions League dabei zu sein, ist schon ein riesiges Erlebnis, richtig geil! Das ist schon nochmal etwas anderes als European League, obwohl die auch schon richtig gut ist. Der Faktor hat sicher auch eine Rolle gespielt.

Sie sind zum amtierenden Vizemeister gewechselt und kamen selbst mit der Empfehlung von neun Meistertiteln, vier in der Schweiz und fünf in Österreich. Kann da nur das Ziel lauten, mit den Füchsen den Titel zu holen?
Herburger: Ich habe bis jetzt in meiner Karriere immer um den Titel gekämpft und bin es nicht gewöhnt zu verlieren. Ich mag das gar nicht. Ich gehe in jedes Spiel hinein, um es zu gewinnen, das ist auch der Anspruch von Berlin. Darum war es auch ein gutes Match mit mir und den Füchsen. Wenn ich zum Beispiel zu einem Team im unteren Drittel gewechselt wäre, wo man um den Klassenerhalt spielt, hätte es vielleicht nicht so gut funktioniert. 

67 Tore in bisher 74 Einsätzen hat Lukas Herburger für Österreichs Nationalteam vorzuweisen.
67 Tore in bisher 74 Einsätzen hat der Kreisläufer für Österreichs Nationalteam vorzuweisen. © EVA MANHART/APA/picturedesk.com

Wenn man über Sie recherchiert, fällt früher oder später immer das Wort „Mentalitäts-Monster“. Trifft es das? Immer alles reinhauen, alles für den Sieg geben …
Herburger: Das ist sicher eine der Eigenschaften, die mich auszeichnen. Eine zweite ist der Teamgedanke, der bei mir immer großgeschrieben wird. Ich glaube, dass die ganz großen Erfolge wie eine Meisterschaft nur als Team zu erreichen sind. Es geht nur als Einheit. Einzelspieler können immer mal herausstechen und für spezielle Momente oder Siege sorgen. Aber wenn man große Ziele verfolgt, ist der Zusammenhalt innerhalb des Teams unabdingbar. Das zu leben, gehört sicher auch zu meinen Stärken. 

Für die Füchse arbeiten Top-Leute wie Bob Hanning, Volker Zerbe oder auch Stefan Kretzschmar, die in ihrem Wirken weit über den Handballsport hinaus strahlen. Steht man mit denen in regelmäßigem Kontakt, wenn man dort unter Vertrag steht?
Herburger: Ja, sicher. Die sind immer in der Halle, Volker Zerbe ist bei den Auswärtsfahrten immer mit dabei, Stefan Kretzschmar auch oft. Ein-, zweimal die Woche schauen sie auch beim Training vorbei, wollen wissen, was läuft. Da ist man schon ständig in Kontakt. 

Ihr seid in der Liga Vierter, in der Champions League Fünfter, habt zwei beziehungsweise vier Niederlagen kassiert. Wie fällt Ihr sportliches Fazit zum Saisonstart aus?
Herburger: Ich habe ja gerade versucht zu erklären, dass ich mit Niederlagen überhaupt nicht umgehen kann. Deswegen hätte es schon etwas besser laufen können. In der Champions League denke ich vor allem an die Niederlage gegen Veszprém, als wir schnell geführt haben, am Ende aber mit einem Tor Unterschied verloren haben. Das war bitter! Unser Mindestziel ist auf jeden Fall die K.-o.-Runde, dafür muss man Sechster werden.

Jeder Fußballer sagt, dass es das Größte ist, die Champions-League-Hymne auf dem Feld zu hören. Gilt das auch für euch Handballer?
Herburger: Ja, wobei mir die alte Hymne besser gefallen hat als die aktuelle (lacht). (Anm.: seit 2021 ist „Mesmerize“ der offizielle CL-Song). In diesem Bewerb treffen sich die Besten der Besten, das ist atmosphärisch mit nichts zu vergleichen. Manche Teams kommen an diesem Tag mit Anzügen statt mit normalen Klamotten in die Halle, die Sponsoren sind größer, die Aufmerksamkeit eine andere. 

Beim Blick auf den Spielplan fällt auf, dass Handballer ein unglaubliches Pensum abspulen, jeden dritten Tag ein Spiel absolvieren. Bei Nationalspielern wie Ihnen kommen noch die Reisen zu den Länderspielen dazu. Wie sehr geht dieses Programm an die Substanz?
Herburger: Bevor ich nach Berlin gekommen bin, habe ich diesen Aspekt etwas unterschätzt, wenn ich ehrlich bin. Das Reisen ist wirklich extrem, gefühlt hält man sich fast nur an Flughäfen und in Hotels auf. Das ist nicht leicht unter einen Hut zu bekommen. Das Körperliche ist dabei das eine, wir haben in Berlin drei Kreisläufer, da können wir uns die Arbeit etwas einteilen. Das andere ist das Mentale, weil man sich immer auf neue Situationen einstellen muss. Umso mehr genießt man es dann, wenn man mal ein, zwei Tage zu Hause ist.

Das heißt, Sie freuen sich jetzt schon auf ein paar freie Tage zu Weihnachten …
Herburger: Na ja, wir haben am 26. Dezember ja noch ein Spiel. Aber danach werde ich ein paar Tage in meiner Heimat in Vorarlberg verbringen. Das wird sicher sehr erholsam.

AusgabeRZ48-2024

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