„Wir haben die Milliarde geknackt“

Raiffeisen-Leasing erzielte im Vorjahr einen Rekord beim Neugeschäftsvolumen. Mit Leasing-Lösungen für umweltfreundliche Technologien will CEO Alexander Schmidecker auch heuer an das Rekordergebnis anschließen.

Alexander Schmidecker im Interview
© Raiffeisen-Leasing/Roland Rudolph

Das Neugeschäftsvolumen der heimischen Leasingwirtschaft erhöhte sich 2022 im Vergleich zu 2021 um 6,1 Prozent auf 8,6 Mrd. Euro. Warum steigt die Attraktivität von Leasing?
Alexander Schmidecker: 2022 war geprägt von wirtschaftlichen Unsicherheiten und der hohen Inflation. Die Energiekrise führte uns drastisch vor Augen, wie wichtig Investitionen in moderne Mobilität sowie in erneuerbare Energie, effizientere Maschinen und Anlagen sind. Das erklärt auch, warum Leasing in dieser unruhigen Zeit so stark nachgefragt wird. Leasingverträge können flexibel gestaltet werden, schonen die Liquidität und ermöglichen die sofortige, unkomplizierte Nutzung eines Leasinggutes. 

Wie ist es Raiffeisen-Leasing im Vorjahr ergangen? 
Schmidecker: Mit 1,1 Milliarden Euro Neugeschäftsvolumen konnten wir erstmals die Milliarde knacken und mit einer Steigerung von 27 Prozent beim Neugeschäftsvolumen deutlich stärker performen als der Gesamtmarkt. Für die Raiff­eisenbankengruppe bedeutet das ein Ergebnis nach Steuern von beinahe 40 Millionen Euro. Wir haben uns das mal ausgerechnet – etwa alle sechs Minuten schließen wir einen neuen Leasing­vertrag ab, das machte 2022 rund 19.000 ­Leasingverträge! Wir behaupten uns damit ­weiterhin als größte unabhängige Leasinggesellschaft am heimischen Markt und konnten unseren Gesamtmarktanteil von 10,8 Prozent auf 13 Prozent steigern. 

Was waren die Highlights und wie haben sich die Kernbereiche der Raiffeisen-Leasing entwickelt?
Schmidecker: Ein absolutes Highlight war der Mega-Deal, den wir im April 2022 verbuchen konnten, als wir die Finanzierung eines neuen Mikrochip-Produktionsstandortes inklusive F&E in der Steiermark in Höhe von mehr als 300 Millionen Euro machen durften. Das war die größte Leasingfinanzierung, die es bisher im Raiffeisensektor gab. Dieser Deal war auch maßgeblich für das enorme Wachstum von 127,8 Prozent verantwortlich, das wir in der Sparte Immobilienfinanzierung verbuchen konnten. Aber auch in den anderen Sparten, also Kfz und Fuhrparkmanagement sowie bei den Mobilien, konnten wir deutlich stärker wachsen als der Gesamtmarkt, auf dem sich immerhin fast 40 nationale und internationale Mitbewerber tummeln. Was uns vom Mitbewerb unterscheidet, und wo wir immer noch sehr viel Wachstumspotenzial haben, ist die sehr gute Zusammenarbeit mit dem Raiffeisensektor. Uns ist es wichtig, dass Leasing für die Berater schnell und einfach geht, weshalb wir unser Beratertool Speed-Leasing laufend optimieren. 

Der Angriffskrieg von Russland hat den Ausbau von erneuerbaren Energien beschleunigt. Auch Raiffeisen-Leasing unterstützt hier seit kurzem die Kunden bei der Finanzierung. Wie gut wurde das bis dato angenommen?
Schmidecker: Erneuerbare Energien sind ein hochinteressantes Geschäftsfeld. Bis jetzt hatten wir für Privatkunden ausschließlich die Autofinanzierung im Angebot, nun bieten wir auch Photovoltaik-Anlagen, Wärmepumpen und das notwendige Equipment rundherum an. Wir sehen da viel Potenzial und haben uns für 2023 einiges vorgenommen. Wir sind noch dabei, das Thema über den Sektor bei den Kunden bekannter zu machen, haben aber 2022 schon mehr als 100 solcher Finanzierungen abgeschlossen. Um hier noch besser aufgestellt zu sein, streben wir Absatzkooperationen, eventuell auch die Zusammenarbeit mit einem österreichischen Produzenten, an, um von Lieferketten unabhängiger zu sein. Wir gehen jedenfalls von steigender Nachfrage aus.

Auf dem Gebiet der Elektromobilität ist Raiffeisen-Leasing schon länger stark. Wie waren die Entwicklungen im Vorjahr?
Schmidecker: Insgesamt wurden in unserem Fuhrparkmanagement bereits 54,3 Prozent aller Neuverträge für E-Fahrzeuge abgeschlossen. Rund 10 Prozent aller in Österreich im Jahr 2022 neu zugelassenen E-Autos wurden durch Raiffeisen-Leasing finanziert. Allerdings sehen wir den Wegfall von Förderungen für die gewerbliche Anschaffung von E-Autos, die seit 1. Jänner gültig ist, sehr kritisch, da natürlich in wirtschaftlich angespannten Zeiten die Unternehmen sich die Total-Costs-of-Ownership von Fahrzeugen sehr genau anschauen. Ein durchschnittliches E-Auto war in Bezug auf die Gesamtnutzungskosten im Jänner 2022 noch um rund 6 Prozent günstiger als sein Diesel-Pendant, wird nun aber – wegen fehlender Förderungen gepaart mit höheren Kaufpreisen – um rund 7 Prozent teurer. Klimapolitisch ist das in meinen Augen das falsche Signal. 

Wie ist die Nachfrage im Fuhrparkmanagement generell? 
Schmidecker: Österreichweit liegt die gewerbliche Leasingquote bei 80 Prozent – das ist ein neuer Höchststand und spiegelt sich auch in unseren Zahlen wider. Wir konnten im Segment Kfz und FPM mit einem Wachstum im Neugeschäft von 5,4 Prozent den heimischen Gesamtmarkt deutlich übertreffen, der nur um 2,9 Prozent zulegen konnte. Besonders beliebt ist bei den Unternehmen das Full-Service-Leasing, weil es wirklich die Nutzung des Fahrzeuges und die Planbarkeit der Kosten in den Fokus stellt. 

Seit dem Vorjahr wird auch die Kombi von Leasing und Versicherung über das Beratertool Speed Leasing angeboten. Wurden die Erwartungen erfüllt? 
Schmidecker: Fast jeder vierte Speed-Leasing-Vertrag wird gemeinsam mit einer Kfz-Versicherung von Raiffeisen Versicherung abgeschlossen. Damit liegen wir nun auf dem gleichen Niveau wie bei den rein analog abgeschlossenen Verträgen. Somit wurden also nicht nur unsere Erwartungen erfüllt, sondern auch jene der Kunden, die sich eine einfache und schnelle Lösung wünschen. 

Im Immobilienbereich kommt es gerade zu einer Trendumkehr. Raiffeisen-Leasing ist ja mit der Marke Raiffeisen WohnBau im Bauträgergeschäft aktiv. Was bedeutet das für Raiffeisen WohnBau?
Schmidecker: Wir beobachten die Veränderungen der Marktlogik im Bauträgergeschäft mit großem Interesse und gesundem Respekt und passen unsere Strategien entsprechend an. Da wir jedoch immer schon hochwertige Wohnbauten in attraktiven Lagen errichtet haben, die mehrheitlich für die Eigennutzung gekauft werden, rechnen wir nicht damit, dass die Preise im Neubau nachgeben, sondern sich seitwärts bewegen werden. Allerdings merken wir, dass sich Wohnungen aktuell langsamer verkaufen als in den Jahren zuvor. Die KIM-Verordnung, aber vor allem die Rückkehr der Zinsen macht es gerade jüngeren Menschen schwerer, sich eine Eigentumswohnung zu kaufen und natürlich lassen auch die aktuelle Teuerung und die allgemeine Verunsicherung viele Menschen zuwarten, bevor sie eine derartig große Investition tätigen. 

Ist man bei Neuprojekten nun zurückhaltend?
Schmidecker: Aktuell wird bei Raiffeisen WohnBau auf sechs Baustellen in Wien, Deutsch-Wagram und Innsbruck gebaut und wir werden natürlich aus den laufenden Verkäufen dieser Wohnungen Rückschlüsse für neue Projekte ziehen. Jedenfalls sind wir unverändert an der Akquise von Grundstücken und an der Entwicklung von neuen Projekten interessiert. Wir erwarten, dass sich bei den Baupreisen und mit einiger Zeitverzögerung möglicherweise auch bei den Grundstückspreisen eine Korrektur auf ein realistischeres Niveau einstellen wird. Das wird dann der richtige Zeitpunkt für Raiffeisen WohnBau sein, um noch aktiver auf neue Projekte zuzugehen.

Die Wirtschaft dürfte heuer nur marginal wachsen. Wie sieht Ihre Prognose für das Leasing-Geschäft aus? 
Schmidecker: Natürlich ist es unser Ziel, das Rekordergebnis des Vorjahres wieder zu erreichen, aber auch wir müssen in unsere Prognosen die aktuellen Unsicherheiten reinrechnen und sind letztlich davon abhängig, ob die heimische Wirtschaft 2023 in Investitionslaune ist. Unser Motto ist, dass wir gemeinsam mit dem Raiffeisensektor und unseren Absatzpartnern ganz nah an unseren Kunden dran sind, ihnen genau zuhören und für sie maßgeschneiderte, unkomplizierte Mobilitäts- und Finanzierungslösungen erstellen, die ihnen jenen finanziellen Spielraum ermöglicht, den sie in der aktuellen Situation brauchen. Dass wir das können, haben wir in der Vergangenheit regelmäßig unter Beweis gestellt, daher bin ich auch für 2023 zuversichtlich. 

Wo sehen Sie konkret noch Wachstumspotenzial?
Schmidecker: Als die führende Universalleasinggesellschaft ist es unser Anspruch, in allen Leasingsegmenten die Stärke von Raiffeisen noch besser zu nutzen. Überdurchschnittliches Wachstumspotenzial sehen wir im Bereich Investitionsgüterleasing und hier ganz klar auch im Bereich Green Leasing & Finance, unsere Leasing-Lösungen für umweltfreundliche Technologien. Neben dem Thema E-Mobilität sprechen wir auch Privatkunden ganz gezielt hinsichtlich der Investitionen für die Bereiche Wärme und Energie in ihren Eigenheimen an – sowohl im Neubau als auch bei Modernisierungen von bestehendem Wohnraum. Konkret geht es dabei um Photovoltaikanlagen sowie Stromspeicher und Batterien, Solaranlagen und Wärmepumpen sowie Pelletheizungen, aber natürlich auch Ladeinfrastruktur für E-Autos.