Raiffeisen Zertifikate: „Wir treffen den Nerv der Anleger“

Raiffeisen Zertifikate erreichen einen neuen Höchststand und vieles spricht für einen weiteren Vormarsch dieses Anlageinstruments, wie Leiterin Heike Arbter im Interview erklärt.

Seit Ende 2022 und der Integration in die Raiffeisen Bank International tritt man als „Raiffeisen Zertifikate“ auf. Wie gut ist die Neu-Positionierung gelungen?
Heike Arbter: Raiffeisen Zertifikate ist eine Marke geworden, die mittlerweile viele Anleger kennen. Alles ist sehr smooth über die Bühne gegangen. Unser Markenname und unser Logo sind nun schon seit rund zwei Jahren auf allen unseren Produkten, Foldern sowie in unserem Online-Auftritt präsent. Im Vertrieb hat man eigentlich schon früher von „Raiffeisen Zertifikaten“ gesprochen, deshalb war es nicht ganz neu. 

Wie hat sich die Nachfrage nach Raiffeisen-Zertifikaten entwickelt? 
Arbter: Sehr gut! Wir sind jetzt bei 6,1 Mrd. Euro investiertes Volumen, davon kommen 3,8 Mrd. Euro von Raiffeisen Österreich, unserem größten Vertriebspartner. Wir sind in allen österreichischen Bundesländern auf einem neuen Rekordstand. Der Zuwachs im Vergleich zu 2023 liegt bei 12 Prozent; 7 Prozent kommen vom Neugeschäft und knapp 5 Prozent aus der Performance.

Im Vergleich dazu, wie hat sich der Gesamtmarkt entwickelt?
Arbter: Der Zertifikatemarkt Österreich erreichte im September mit 15,4 Mrd. Euro auch einen Höchststand. Die September-Zahlen vom Zertifikate Forum Austria zeigen ein Handelsvolumen von 300 Mio. Euro, das ist doppelt so viel wie im Vormonat. Der Herbst ist eine sehr aktive Zeit für das Wertpapiergeschäft, das sehen wir auch bei unseren Umsätzen. 

Woher kommen die Zuwächse bei den Raiffeisen-Zertifikaten?
Arbter: Maßgeblich aus den risikoarmen Produkten. Die Kapitalschutz-Produkte sind heuer bei Raiffeisen Österreich um 16 Prozent gewachsen und die Bonus-Zertifikate um 5 Prozent. Insgesamt sind 90 Prozent des Raiffeisen-Volumens in diesen beiden Kategorien veranlagt. Wir sind also in den größten Kategorien am stärksten gewachsen und treffen den Nerv der Anleger: Sie wollen höchstmöglichen Ertrag bei höchstmöglicher Sicherheit. 

Spielt das Thema Nachhaltigkeit weiterhin eine große Rolle?
Arbter: Das Thema Nachhaltigkeit ist weiterhin gefragt, aber die Zuwachsraten sind nicht mehr so stark. Aktuell sind 38 Prozent unseres ausstehenden Volumens ESG-Produkte. 

„Wenn man sich ein Marktumfeld wünschen könnte, dann wäre es
genau dieses.“

Heike Arbter

Es werden in nächster Zeit weitere Zinssenkungen von der EZB erwartet. Ist das Marktumfeld für Zertifikate generell wieder interessanter? 
Arbter: Wenn man sich ein Marktumfeld wünschen könnte, dann wäre es genau dieses. Es kommen Zinssenkungen und die Aktienmärkte sind stark gestiegen – Raiffeisen Research ist jetzt auf „halten“ gegangen. Genau in diesem Szenario, wo man Rendite-Chance und Kapitalschutz sucht, wüsste ich nichts Passenderes als Zertifikate. 

Wie hoch ist der Zertifikate-Anteil in den Depots der Raiffeisenkunden?
Arbter: Es gibt einige Bundesländer, die erreichen 15 Prozent, aber der österreichweite Schnitt liegt bei 8 Prozent. Ich hoffe, dass wir die 10 Prozent demnächst schaffen werden.

Wie will man das erreichen?
Arbter: Klassischerweise ist der Herbst die stärkste Vertriebszeit mit sehr vielen Schwerpunkten in den Banken und viele Zertifikate laufen erfolgreich aus. Dementsprechend gehen wir von einer hohen Re-Investition aus. Das Ziel lautet weiterhin, neue Kunden zu begeistern. Damit wollen wir auf die zehn Prozent kommen. 

Dazu hat man auch die Online-Vertriebsschiene ausgebaut. Wie gut wird das angenommen?
Arbter: In Österreich ist Mein Elba die wichtigste Schiene. Da haben wir gemeinsam den Finanzcoach gebaut, also der Produktfinder für Fonds, Zertifikate und Versicherungsprodukte. Dieser Finanzcoach hat bereits über 600.000 User erreicht.

Wie viele schließen dann tatsächlich online ab?
Arbter: Diese Frage kann ich nicht beantworten, aber wir arbeiten gerade an einem Tracking-Tool. Wir erkennen zurzeit nur, dass der Kunde ein Zertifikat findet und kauft, aber wir sehen nicht, ob er davor mit dem Berater gesprochen hat, den Finanzcoach benützt oder unseren Zertifikatefinder. 

Es gibt rund 7.000 Raiffeisen-Zertifikate. Wie kann man den Kunden die Suche erleichtern?
Arbter: Kunden kaufen nicht nur die Neuemissionen, sondern interessieren sich immer mehr auch für den Sekundärmarkt, der interessante Potenziale bietet. Im letzten Jahr konnte man bei Kapitalschutz-Produkten, die aufgrund der Zinsentwicklung unter 100 gefallen sind, nachkaufen und hat damit eine höhere Performance erzielt. Solche Opportunitäten entstehen im Sekundärmarkt immer wieder und unsere Experten fassen diese in den sogenannten Top-Picks zusammen. Diese Vorselektion wird vor allem von Beratern gerne genutzt. Wobei man schon dazusagen muss, dass Zertifikate klassischerweise bis zum Laufzeitende gehalten werden. 

Für Raiffeisenbanken werden spezielle Regional-Zertifikate produziert. Wie groß ist hier die Nachfrage?
Arbter: Wir haben aktuell – das ist übrigens auch ein neuer Rekord – 82 Produkte in Zeichnung, und davon sind die Hälfte regional kreierte Zertifikate. Bei Vertriebsinitiativen wie etwa zum Weltspartag wollen Raiffeisenbanken gerne ihr eigenes Zertifikat mit eigenem Namen. Mit diesen Klon-Zertifikaten bekommt man automatisch mehr Commitment in den Raiffeisenbanken und von den Kunden. 

Wie sieht die Performance bei Zertifikaten aus?
Arbter: Wir haben unsere Performance-Studie aktualisiert und es sieht alles gut aus. Die Serie „Bonus und Sicherheit“ gibt es seit 2010 und wir haben bis heute im Schnitt eine Rendite von 4,37 Prozent über alle 90 bisher getilgten Zertifikate gemacht. Im Vergleich dazu waren die Zinsen bei knapp einem Prozent und die Inflation im Schnitt bei 2 Prozent. Nur ein Zertifikat hat die Barriere durchbrochen, alle anderen sind gut gelaufen.

„Das Wichtigste für unsere Kunden ist jetzt zu investieren und nicht zu warten.“

Heike Arbter

Finanzbildung ist Ihnen seit Jahren ein großes Anliegen. Laut jüngster OECD-Studie liegt Österreich im Spitzenfeld. Trägt das Engagement jetzt endlich Früchte? 
Arbter: Im ersten Halbjahr 2024 wurden laut OeNB Finanzprodukte in Höhe von 11 Mrd. Euro gekauft, im Gesamtjahr 2023 waren es etwas über 10 Mrd. Euro. Also ja. Jeder Weg fängt mit dem ersten Schritt an, aber man muss ihn konsequent weitergehen. Wir gehen diesen Weg sehr aktiv und haben dafür heuer die europäische Auszeichnung „Best Educational Initiative“ für Structured Retail Products bekommen. Unser Angebot rund um Zertifikate mit Website, Seminaren, Videos, Schulungen, Produktblättern und Tilgungs-Sheets ist einzigartig in Österreich und ein Erfolgsfaktor. 

Obwohl Österreich beim Finanzwissen im Spitzenfeld liegt, ist man hierzulande auf dem Kapitalmarkt zurückhaltend. Woran liegt es dann?
Arbter: Ich glaube, es ist besser geworden, aber im Vergleich zu den nordischen Staaten oder Frankreich, Italien, Spanien sind wir immer noch hinten. Das liegt an unserer konservativen Einstellung, aber auch daran, dass wir keine staatliche Förderung haben, die Wertpapiersparen forciert. In Deutschland wird gerade an einer steuerlich geförderten Pensionsvorsorge gearbeitet. Wenn man in Österreich einen nächsten Schritt machen will, bräuchte man ebenfalls eine steuerliche Begünstigung auf Wertpapier­investitionen zur Altersvorsorge. 

Was sind Ihre Erwartungen für das restliche Jahr?
Arbter: Heuer werden wir sicher noch einen tollen Sprung nach oben machen. Die Marktphase ist gut, die Wiederveranlagung ist ein starkes Argument und auch das steuerliche Thema, also der Gewinnfreibetrag für Wertpapiere, wird von Unternehmern vor Ende des Geschäftsjahres gerne genutzt. Das Wichtigste für unsere Kunden ist jetzt zu investieren und nicht zu warten. 

AusgabeRZ44-2024

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