„Wir bauen auf die starke Gemeinschaft“

Raiffeisen Salzburg schließt sich nach reiflicher Überlegung dem bundesweiten System „Eine IT“ an. Welche Gründe dafür gesprochen haben, das erklärt Thomas Nussbaumer, Geschäftsleiter des Raiffeisenverbandes Salzburg.

IT-Gebäude von Raiffeisen Salzburg
Das neue IT-Gebäude von Raiffeisen Salzburg wurde 2020 bezogen. (c) RVS/Waltraud Dorn

Raiffeisen Salzburg ist bis dato in der IT einen eigenen Weg gegangen. Warum hat man sich nun doch dazu entschlossen, das sektorweite IT-System im Bankbereich zu verwenden?
Thomas Nussbaumer: Unter der Leitung unseres neuen Generaldirektors Heinz Konrad haben wir gemeinsam mit den Geschäftsleitern und Funktionären der Raiffeisenbanken die strategische Ausrichtung der Raiffeisenbankengruppe Salzburg erarbeitet. Dabei war die langfristige Ausrichtung der IT ein wesentlicher Bestandteil. Der Fokus in unseren Strategieworkshops und der IT-Analyse lag auf Zukunftssicherheit und Wirtschaftlichkeit. Anfang Dezember wurde bei der Geschäftsleitersitzung das Endergebnis vorgestellt und der Wechsel in die „Eine IT“ einstimmig beschlossen. Wir haben es geschafft, alle Teilnehmer positiv abzuholen und eine einheitliche Sicht zu schaffen. Die Werte von Raiffeisen waren bei dieser Entscheidung letztendlich sehr wichtig. Raiffeisen Österreich ist eine große und starke Gemeinschaft, mit der wir gemeinsam diesen Weg gehen wollen.

Thomas Nussbaumer im Porträt
Thomas Nussbaumer will bis Herbst 2024 die Migration erfolgreich abschließen. (c) RVS/Waltraud Dorn

Welche Vorteile bringt der Weg in „Eine IT“?
Nussbaumer: Unsere Analyse hat gezeigt, dass unsere IT-Kosten derzeit noch günstiger sind als der Sektor-Durchschnitt. Wir haben aber gesehen, dass die Schere langfristig auseinandergehen wird. Ein Grund dafür sind unter anderem die regulatorischen Anforderungen, welche in den vergangenen Jahren sehr stark anstiegen sind. Mit Basel IV und dem ESG-Thema kommen die nächsten großen gesetzlichen Änderungen auf uns zu. Außerdem wird es auch am Standort Salzburg zunehmend schwieriger, ausgebildete und qualifizierte Mitarbeiter in ausreichendem Umfang zu finden. Indem wir jetzt gemeinsam mit der RSG (Anm. Raiffeisen Software GmbH) unsere Kräfte bündeln, überwiegen aus unserer Sicht die Synergieeffekte auf beiden Seiten. Ein großer Teil unserer Softwareentwickler wird zukünftig ihr Know-how in der RSG im Standort Salzburg zum Einsatz bringen. Zusätzlich können wir unseren Salzburger Kunden zukünftig neue Produkte zeitgleich mit Rest-Österreich anbieten.

Gibt es auch Nachteile im Vergleich zum jetzigen Salzburger IT-System?
Nussbaumer: In der Vergangenheit konnten wir äußerst flexibel auf die Bedürfnisse des Salzburger Marktes reagieren. Mit einer eigenständigen, schlagkräftigen Softwareentwicklung standen dabei maßgeschneiderte Lösungen für unsere Kunden im Vordergrund. Diese Vorgehensweise verschaffte uns einen Vorteil gegenüber dem Mitbewerb, ist aber zugleich komplex und aufwändiger. 

Wie läuft die Migration in „Eine IT“ nun ab? Wie viele Monate oder Jahre wird es dauern?
Nussbaumer: Bei einer IT-Migration gelten zwei bis drei Jahre als Mindestzeitraum, eher drei bis vier Jahre. Da wir Basel IV nicht mehr selber umsetzen wollen, haben wir zum Ziel, bis Herbst 2024 die Migration erfolgreich abzuschließen. Im Jänner wurde bereits mit der Konzeptionsphase gestartet. Wir haben bei der Entscheidung festgelegt, den Fokus auf Standardisierung zu legen und die Komplexität gering zu halten. Hier sehen wir einen deutlichen Vorteil der „Einen IT“-Software, die uns dabei stark unterstützt. Durch diese Fokussierung wird es uns gelingen, den definierten Termin im Herbst 2024 zu realisieren.

Sind sich die Systeme ähnlich? Wie schwierig wird es, die Daten zu transferieren? 
Nussbaumer: Nachdem wir alle Raiff­eisenbanken sind, sind viele Themen natürlich ähnlich, aber eben nicht gleich umgesetzt. Der tatsächlichen Datenmigration gehen daher umfangreiche Analysen voraus. Dabei müssen für jedes Datenfeld sowohl der Inhalt als auch der Datentyp, die Feldlänge und weitere Eigenschaften geklärt werden. Wir haben weit über 100.000 Datenfelder zu analysieren. Dies erklärt auch, warum eine Migration mehrere Jahre in Anspruch nimmt und nicht in wenigen Wochen oder Monaten erledigt ist. 

Der Raiffeisenverband Salzburg ist ein gemischter Verband. Welche Auswirkung hat die IT-Migration für die Lagerhäuser?
Nussbaumer: Es handelt sich um eine reine Datenmigration der Bank. Die Ware ist natürlich indirekt betroffen, weil es in manchen Themen Verschränkungen und Überschneidungen gibt. Gemeinsam genutzte Programme, aber auch der derzeit gemeinsame Betrieb im Rechenzentrum GRZ muss betrachtet und geklärt werden. Das sind Spezialthemen, die auch in der Analyse mitberücksichtigt werden. 

Der frühere Generaldirektor Günther Reibersdorfer hat eine Migration einmal mit 30 Mio. Euro beziffert. Ist diese Kalkulation noch aktuell?
Nussbaumer: In jedem Fall handelt es sich hierbei um ein Projekt im zweistelligen Millionenbereich. Es bindet in den nächsten drei Jahren einen großen Teil unserer Ressourcen in der IT und den Fachabteilungen. Auf lange Sicht rechnet sich aber der Business-Case für die Raiffeisenbankengruppe Salzburg. 

Was wird sich für die Kunden ändern?
Nussbaumer: Die sicherlich stärkste Auswirkung Richtung Kunde wird sein, dass wir unsere Online-Services schneller anbieten können. Das Look-and-Feel, Konto- und Depotnummer sollen aus heutiger Sicht für den Kunden unverändert bleiben. Eventuell kann es vereinzelt bei Spezialprodukten zu einer Veränderung kommen, welche wir gemeinsam mit dem Kunden lösen werden.

Wie intensiv ist der Austausch mit den anderen Bundesländern. Kann man aus den Erfahrungen der anderen etwas ableiten?
Nussbaumer: Wir haben natürlich schon im Vorfeld mit den Kollegen aus den anderen Bundesländern intensive Gespräche geführt und dabei wertvolle Einblicke erhalten – ein herzliches Dankeschön dafür an alle. In der Migration profitieren wir natürlich vom Know-how und den Erfahrungen der anderen Landesbanken sowie der RSG. In der Zusammenarbeit bemerkt man bereits in der Anfangsphase den neuen Spirit, mit dem das gemeinsame Projekt „weITblick“ vorangetrieben wird.