Vom Nebel ins Licht

Das Waldviertel wird als Lebens- und Arbeitsraum immer attraktiver – das zeigt sich auch an den Immobilienpreisen.

Josef Wallenberger, Peter Weinberger und Franz Linsbauer
Josef Wallenberger, Peter Weinberger und Franz Linsbauer (Landtags­abgeordneter, Bürgermeister und Projektleiter der Initiative „Wohnen im Waldviertel“) kennen die Wohnsituation im Waldviertel. (c) APA OTS/Lusser

Als kalt, nebelig und auch als verlassene Gegend wird das Waldviertel gerne beschrieben. Jüngste Statistiken zeigen jedoch eine Trendumkehr. „Das Waldviertel ist keine Abwanderungsregion mehr. Die Region ist attraktiv geworden“, betont Josef Wallenberger, Experte für Standort- und Regionalentwicklung aus Horn. Exakt 58.530 Menschen sind seit 2009 zugezogen. Die Abwanderungszahl war im gleichen Zeitraum geringer und so ergibt sich eine positive Wanderungsbilanz von 3.580 Personen. 

Jährlich melden rund 4.900 Personen ihren Hauptwohnsitz im nördlichsten Viertel Niederösterreichs an, davon kommen etwa 1.350 aus Wien. Die Zuzügler sind zwischen 20 und 34 Jahre alt und haben Kinder. „Wo mein Kind aufwächst, ist ein ganz starkes Motiv, warum man aufs Land zieht. Corona hat hier aber sicherlich nochmal einen Turbo gezündet“, analysiert Wallenberger. Je krisenhafter eine Zeit, umso mehr zieht es die Menschen in ländliche Regionen. Experten sprechen vom Trend zum „Regrounding“, also dem Wunsch nach mehr Erdung, Zugehörigkeit und Übersichtlichkeit. 

Die Attraktivität des Waldviertels steigt auch mit dem Ausbau an Bildungs-, Job- und Freizeitangeboten und der Infrastruktur. „Die Provinz wird nicht mehr als provinziell wahrgenommen“, betont Wallenberger. Coworking-Spaces oder die Wirtschaftsakademien Waldviertel tragen ebenso dazu bei wie die Straßenanbindung. Auch die Industrieproduktion erlebt im Waldviertel einen Aufschwung und es gibt viele offene Stellen. 

Starker Preisschub

All diese Faktoren geben dem Waldviertler Immobilienmarkt überproportional starken Auftrieb. „Viele haben erkannt: Das Waldviertel ist nicht mehr so wie früher und mehr als nur Nebel. Und in Zeiten wie diesen ist es vergleichsweise zu Wien und Umgebung noch leistbar“, betont Peter Weinberger, Geschäftsführer von Raiffeisen Immobilien NÖ/Wien/Burgenland. Dabei setzte bei den Preisen für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen ein Aufholprozess ein, das zeigt eine Analyse von Raiffeisen Immobilien. Die durchschnittlichen Quadratmeterpreise für ein Einfamilienhaus im Waldviertel legten demnach von 2020 auf 2021 um 34 Prozent auf 2.578 Euro zu. Eigentumswohnungen verteuerten sich im gleichen Zeitraum um 28 Prozent auf 2.335 Euro pro Quadratmeter. Zum Vergleich: Im NÖ-Durchschnitt betrugen die Preissteigerungen bei Einfamilienhäusern 10 Prozent, bei Eigentumswohnungen 7 Prozent. Grundstücke sind im Waldviertel mit 21,73 Euro je Quadratmeter immer noch günstig. Der Preiszuwachs lag 2021 bei 10 Prozent, NÖ-weit waren es 14 Prozent. Allerdings zeigte sich bei Grundstücken im ersten Quartal 2022 ein neuerlicher starker Preisschub auf 33,78 Euro pro Quadratmeter. 

Der Immobilienboom im Waldviertel hat jedoch zu einer deutlichen Verknappung des Angebots geführt. Weinberger analysiert: „Wir bräuchten mehr Immobilien, als wir haben. Der Markt ist ausgetrocknet. Gebrauchte Immobilien in gutem Zustand sind nur schwer zu bekommen. Und wenn, dann sind sie nicht lange auf dem Markt.“ Der Immobilienexperte rät daher allen Eigentümern gebrauchter Objekte, die nicht selbst benötigt werden, die Gunst der Stunde zu nutzen und zu verkaufen. 

Für die Zukunft rechnen die Experten von Raiffeisen Immobilien mit einer weiterhin positiven Entwicklung. Weinberger: „Das Waldviertel bleibt im Trend. Aktuell beobachten wir etwa eine verstärkte Nachfrage von ‚Klimaflüchtlingen‘, Menschen, die es aus der Hitze der Großstadt in den angenehm kühlen Norden Niederösterreichs zieht.“