Erlebniswelt Pferd

Nirgendwo in Österreich ist die Kompetenz rund um das Thema Pferdewirtschaft größer als im Pferdezentrum Stadl-Paura. Sport auf Top-Niveau, Ausbildung von Mensch und Tier, Fragen rund um die Zucht – im riesigen Areal an der Traun dreht sich alles um die edlen Vierbeiner. Und in Zukunft soll es sogar noch mehr werden. 

Jakob Rainer und Contessa im Pferdezentrum Stadl-Paura
(c) Team Myrtill

Pferde genießen die Sonnenstrahlen auf den Paddocks, aus der Schmiede erklingt das regelmäßige Geräusch von Hammerschlägen, immer wieder ist auch das Wiehern eines Pferdes zu hören. Wer einen Rundgang über das 24 Hektar große Areal des Pferdezentrums Stadl-Paura macht, taucht in eine andere Welt ein. Fernab von Stress und Hektik, aber mitten in eine Atmosphäre, die von Detailverliebtheit geprägt ist, von konzentrierter Gelassenheit, vor allem aber von der Liebe zu den edlen Vierbeinern, die dort ihre Heimat haben. „Derzeit sind über 100 Pferde bei uns eingestallt“, erzählt Theresa Deisl, für Kommunikation und PR zuständig. „Dazu gehören Schulpferde für das Agrar Bildungszentrum Lambach genauso wie die Ausbildungspferde und Pferde von Profireitern, die bei uns ansässig sind.“

Allein das zeigt schon, wie breit das Pferdezentrum Stadl-Paura aufgestellt ist. „Wir haben den Anspruch, DAS Kompetenzzentrum für die Pferdewirtschaft in Österreich zu sein“, sagt Johannes Mayrhofer, seit 2018 als Geschäftsführer tätig. „Dabei decken wir alle relevanten Bereiche ab: Ausbildung von Mensch und Pferd, dazu Zucht und Sport. Und nicht zu vergessen das Heranführen von Jugendlichen durch die Kooperation mit dem ABZ und der HAK Lambach.“

Das führt dazu, dass die Tore des historischen Areals, das bereits 1807 für die Salz-Schifffahrt entlang der Traun errichtet wurde (damals zogen Pferde die Schiffe flussaufwärts), meist offen stehen -wenn nicht gerade das Corona-Virus wütet und den Betrieb auf Sparflamme kochen lässt. Mehr als 110 Veranstaltungen finden normalerweise pro Jahr statt, im „Rekordjahr“ 2019 waren mehr als 150.000 Gäste auf dem Gelände. Bei Turnieren, Zuchtprüfungen, Leistungsschauen. „Als es nach dem ersten Lockdown im Sommer wieder möglich war, Veranstaltungen nachzuholen, haben wir gemerkt, wie sehr die Menschen danach gehungert haben. Und vor allem: Jeder war diszipliniert, um gar nicht erst die Gefahr eines Clusters entstehen zu lassen“, erzählt Deisl.

Alle Disziplinen

Vor allem der große Bereich des Pferdesports sorgt für einen regen Betrieb auf der Anlage, die über vier überdachte und vier Open-Air-Reitplätze verfügt. Dabei sind so gut wie alle Disziplinen vertreten: Springreiten, Dressur, Vielseitigkeit, dazu der Fahrsport, bei dem die Pferde Kutschen ziehen. „Dazu kommt, dass wir auch beim paralympischen Reiten große Wettkämpfe ausrichten. Bei uns finden beispielsweise die Qualifikations-Turniere für die Olympischen Spiele statt“, sagt Mayrhofer. Und Deisl ergänzt: „Es gibt auch Veranstaltungen in moderneren Disziplinen wie den Mounted Games, bei denen es auf das Geschick von Pferd und Reiter ankommt.“

Damit man im Sportbereich die besten Gespanne anlocken kann, müssen natürlich die Rahmenbedingungen stimmen. Und dort wurde in Stadl-Paura in der Vergangenheit immer wieder investiert, unter anderem in die Beschaffenheit der Böden. So gibt es auf manchen Plätzen eigens aus Frankreich importierten Sand, der bei Sonnenschein nicht zu trocken, bei anhaltendem Regen aber auch nicht zu nass und rutschig wird. „Das ist eine eigene Wissenschaft“, sagt Deisl. „Aber wichtig, damit es nicht zu vermeidbaren Stürzen und Verletzungen kommt. Wenn das passiert, würden wir damit unseren guten Ruf riskieren.

Touristische Pläne

Und das will man auf keinen Fall, schließlich haben die Verantwortlichen des Pferdezentrums, das mit Bereitern, dem Stallteam und Büroangestellten auf gut 20 Mitarbeiter kommt, in Zukunft noch große Pläne. Vor allem im Bereich Tourismus möchte man sich noch stärker am Markt positionieren. „Wir wollen die Erlebniswelt Pferd für alle greifbar machen, möchten ein Betrieb zum Anfassen sein. Dies soll Ausstellungscharakter haben und über die Geschichte des Pferdes informieren, aber auch Attraktionen bieten wie eine Bull-Riding-Station oder einen Kutschen-Simulator“, erklärt Mayrhofer. Und verweist auf die günstige Lage zwischen Attersee und Traunsee, wo sich ohnehin immer viele Touristen aufhalten. „Für die können wir eine Attraktion sein, zum Beispiel im Sommer als Schlechtwetter-Programm.“

Zu den Zielen gehört aber auch, Programmpunkte zu installieren, die auf den ersten Blick gar nichts mit Pferden zu tun haben. So wurde 2019 in Kooperation mit Sponsor Raiffeisen erstmals ein Ostermarkt durchgeführt, bei dem es einen Ausstellungsbereich mit mehr als 40 Ständen, viel Kulinarik und Show-Einlagen gab. Eine Veranstaltung, die in Sachen Publikums-Resonanz alle Erwartungen übertraf und die beispielhaft für die Strategie sein kann. Mayrhofer: „Auf diese Weise kommen Menschen zu uns, die sonst vielleicht nie mit dem Thema Pferd in Berührung gekommen wären. Und fangen dann plötzlich an, sich dafür zu interessieren.“

Die Kooperation mit der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich gibt es bereits seit vielen Jahren, wurde seit 2014 aber immer stärker intensiviert. Auch, weil handelnde Personen einen durchaus persönlichen Bezug zu dem Thema haben. So ist beispielsweise Jakob Auer, der 20 Jahre als Obmann und Aufsichtsratspräsident der RLB OÖ fungiert hat, auch Obmann des Vereins „Freunde des Pferdezentrums Stadl-Paura“. Synergien, die dazu führen, dass eine Partnerschaft nicht nur auf dem Papier besteht, sondern auch gelebt wird. Oder wie es Mayrhofer formuliert: „Es ist immer gut, wenn es zu den handelnden Akteuren auch eine wirkliche Beziehung gibt.“

Vorsichtiger Ausbau

So sehr man mit dem Horizont von eineinhalb bis zwei Jahren auf das Thema Wachstum und Investitionen setzt (dazu gehört auch der bereits fertige Bau eines Seminar-und Veranstaltungszentrums sowie die Errichtung neuer Tribünen in der sogenannten Waldarena des Areals), so sehr weiß man auch, wo die eigenen Grenzen verlaufen. Denn von der Infrastruktur könnte man durchaus daran denken, große Weltcup-Turniere beim Spring-oder Dressurreiten auszurichten. „Ich wage aber zu bezweifeln, ob das auch sinnvoll ist“, sagt Mayrhofer. „Events dieser Art erinnern mehr an die Formel 1 als an die Ideologie der alten Reitmeister, die hippologisch über jeden Zweifel erhaben an die Sache herangegangen sind. Und eines darf der Reitsport nie wieder werden: ein Elitesport, der nur mit den Reichen in Verbindung gebracht wird.“

Und das würde dem idyllischen Pferdezentrum am Rande von Stadl-Paura nun wirklich nicht gerecht werden.