Brezinschek: „Der Kreis schließt sich“ 

Der ehemalige Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek zeichnet in seinem Buch die Entwicklung an den Finanzmärkten der vergangenen 40 Jahre nach – und stößt dabei immer wieder auf Parallelen zur Gegenwart.

Peter Brezinschek mit seinem Buch
© RZ

Die Geschichte ist die Lehrmeisterin des Lebens – diesen Spruch des römischen Politikers und Philosophen Cicero hat sich der frühere Raiffeisen-Chefanalyst und Gründer von Raiffeisen Research, Peter Brezinschek, in seinem Buch „40 Jahre Finanzmärkte – wie ich sie sehe“ zu Herzen genommen. Der ausgewiesene und erfahrene Finanzexperte zeichnet die bestimmenden Entwicklungen der vier Jahrzehnte, die er aus nächster Nähe immer am Puls der Entwicklung miterlebt hat, pointiert nach.

Sein Fazit seiner beruflichen Karriere lautet: „Der Kreis schließt sich.“ Viele der Entwicklungen an den Finanzmärkten der vergangenen vier Jahrzehnte könnten aktueller nicht sein. So ist etwa die Inflation nach 40 Jahren ebenso ein Thema wie die geopolitische Eiszeit, zunehmender Staatsinterventionismus und Protektionismus – und damit die Gefährdung internationaler Wertschöpfungsketten. Zurück ist aber auch eine restriktive Geldpolitik mit positiven Realzinsen. Dazwischen gab es die sogenannte „Große Moderation“, eine Phase geringerer makroökonomischer Volatilität, die seit den 1980er-Jahren aufgebaut wurde und eine jahrzehntelange Periode niedriger Inflation und positivem Wirtschaftswachstum brachte.

Dazu haben auch Entwicklungen wie das geopolitische Tauwetter mit dem Zusammenbruch des Kommunismus, das Zusammenwachsen Europas und Chinas Eintritt in den Welthandel beigetragen: „Liberalisierung und Globalisierung brachten wirtschaftlichen Aufschwung ohne Teuerung, stark wachsende Kapitalmärkte und allgemeine Prosperität“, fasst Peter Brezinschek bei der Präsentation seines Buches zusammen und fügt gleichzeitig hinzu: „Seit dem Jahr 2020 dreht sich das Rad ein bisschen in eine andere Richtung – auch in Europa.“ Der Finanzexperte zeigt sich besorgt „über die planwirtschaftlich, restriktiv und vorschriftsmäßig“ agierende Europäische Union. „Das ist nicht die richtige Art, um die wachstumsstärkste Wissensgesellschaft zu werden, wie es im Lissabonner Vertrag verankert ist. Es geht mir sehr stark auch um die Ordnungspolitik. Das war mir als marktwirtschaftlich geprägter Mensch immer ein großes Anliegen“, betont Brezinschek.

Künftig wird mit anderen Instrumenten gearbeitet

Er rechnet nicht damit, dass „das Experiment der Negativ- und Nullzinsen“ in der Geldpolitik noch einmal kommen könnte, „auch wenn wir zwischenzeitlich in eine rückläufige Preisphase hineinlaufen. Es wird eher mit anderen Instrumenten gearbeitet werden“, ist Brezinschek überzeugt. Denn die große Herausforderung der ultralockeren Geldpolitik, die vom ehemaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi eingeführt wurde, war und ist die „Exitfrage“, wie man derzeit sieht. Brezinschek fasst es folgendermaßen zusammen: „Es wirkt gut, solange der Patient krank ist, aber wenn er gesundet, will er offensichtlich davon nicht wegkommen, und das ist schwierig. Dazu kommen zahlreiche gravierende Nebenwirkungen, die dann eine andere Therapie brauchen.“

Für die Aktienmärkte dürfte nach Brezinscheks Ansicht die Ära der „Goldenen 40 Aktienjahre“ zu Ende gehen. Jahrzehnte, wo Börsenindices in den USA durchschnittlich fast 19 Prozent wie der NASDAQ100 bzw. 13 Prozent wie der S&P500 jährlichen Ertrag gebracht haben, seien höchstwahrscheinlich vorbei. „Aber Aktien bleiben auch in Zukunft das Rückgrat langfristiger Finanzierung und erfolgreicher Veranlagung. Angesichts eines etwas höheren Zinsumfeldes und damit weniger ambitionierter Bewertung dürften die kommenden Jahre von durchschnittlich moderater einstelliger Performance gekennzeichnet sein, aber trotzdem eine reale Rendite abwerfen“, prognostiziert der Finanzexperte.

Mit der Erfahrung von über 40 Jahren ist der Blickwinkel von Brezinschek ein anderer als bei vielen jungen Kapitalmarktteilnehmern, für die eine Reihe von Ereignissen der letzten Zeit Neuland bedeutet. „Alles in allem sind die aktuellen Rahmenbedingungen nicht so fein wie in den vergangenen 40 Jahren. Aber vielleicht kann man ein Bewusstsein dafür schaffen, dass das nicht gottgegeben ist, sondern dass es einen politischen Willen erfordert, um die Dinge voranzubringen“, resümiert der ehemalige RBI-Chefanalyst, der mit seinem Erstlingswerk auch einen Beitrag für die Finanzbildung leisten will. 


Cover des Brezinschek-Buches

Peter Brezinschek
„40 Jahre Finanzmärkte – wie ich sie sehe“
Preis: 24,90 Euro (ab 10 Exemplaren 20,90 Euro) 
271 Seiten, Hardcover
Raiffeisen Media

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