Entsprechende Pläne hat es ja schon immer gegeben. Nur geworden ist bisher noch nie etwas daraus. Also hat es erst eine Gruppe engagierter Schülerinnen und Schüler und eine dementsprechende Schülergenossenschaft gebraucht, um das Projekt „Tierhaltung“ an der HBLBA St. Florian in die Tat umzusetzen. „Wir haben immer große Pläne gehabt, einmal wollten wir sogar einen Milchviehstall mit einem Verbindungsgang zur Schule bauen“, meinte Direktor Hubert Fachberger bei der feierlichen Gründungsveranstaltung der Genossenschaft. Aber all das blieb nur Theorie. „Die Schüler schaffen nun etwas, woran Direktoren 50 Jahre lang gescheitert sind.“ Zwar sind die Tiere einstweilen „nur“ Legehennen, der Anfang bei der Etablierung einer landwirtschaftlichen Nutztierhaltung ist aber gemacht.
„Wir planen zunächst die Schuljause zu betreiben und die Eier an die Schulküche und ans Personal und bei Schulveranstaltungen zu vermarkten. Außerdem wird es einen Selbstbedienungskühlschrank geben“, stellte der Schüler Jakob Stockinger bei der Versammlung im Saal der Bundeslehranstalt das Projekt vor. Über die sozialen Medien soll dieses beworben werden. Der fahrbare Stall für die Legehennen ist jedenfalls schon gebaut und wartet auf seine Bestückung. Angedacht ist, später auch andere Tiere einzustellen, kündigten die Jugendlichen an.
Der Verbandsdirektor des Raiffeisenverbandes Oberösterreich, Norman Eichinger, sprach in seinen Grußworten von der „Kraft des Miteinander“. Er leitete die offizielle Gründung der Genossenschaft und die ersten Wahlen. Aus diesen gingen Leo Traunmüller als Obmann und Matthias Prielinger als Vorsitzender des Aufsichtsrates hervor. Im Vorfeld hatten die Mitglieder bereits Geschäftsanteile in der Höhe von je zehn Euro gezeichnet. Damit hat die Schülerfirma alle Eigenschaften einer klassischen Genossenschaft. So können die Jugendlichen lernen, wie diese Unternehmensform auch im Großen, außerhalb des Mikrokosmos der HBLBA, funktioniert.
Sowohl moralische als auch materielle Unterstützung erhalten die innovativen Gründer von gleich drei Partnergenossenschaften aus der Raiffeisen-Familie, die die Schüler bei ihrem Vorhaben begleiten. Vorstandsdirektor Karl Dietachmair von der Raiffeisenbank Region Sierning-Enns umriss nochmals die Aufgaben einer genossenschaftlichen Organisation: „Wir sind mehr als eine Bank, wir fühlen uns für alle 60.000 Menschen in unserer Region verantwortlich, auch wenn nicht alle davon unsere Kunden sind.“ Die genossenschaftliche Grundidee sei zeitgemäßer denn je – immerhin betreibe man seit 130 Jahren eine Form von Crowdfunding. „Das geht weit über das Geldgeschäft hinaus. Wir wollen auch euch mit unserem Know-how und unserem Netzwerk fördern“, so Dietachmair. Zugleich sollten die Schüler aber auch gefordert sein, für ihren wirtschaftlichen Erfolg zu laufen. „Letztlich wäre es schön, wenn einer von euch einmal auch bei uns Funktionär werden würde.“
In dieselbe Kerbe schlug der Obmann des Lagerhauses Eferding-OÖ Mitte, Karl Eschlböck: „Seit Generationen unterstützen wir die Landwirtschaft und damit die Region. Und mit dem Team Green haben wir eine Gruppe, in der junge Funktionäre auf ihre Aufgabe vorbereitet werden. Ich lade euch ein, euch das anzuschauen.“ Georg Lehner von der Berglandmilch, Österreichs größter Molkereigenossenschaft, unterstrich, dass die Grundidee bei seinem Unternehmen mit einer Milliarde Jahresumsatz und der Neugründung in St. Florian gleich sei: „Das Ziel ist die Förderung der Mitglieder.“ Und hob noch einen Vorteil von Genossenschaften hervor: „Unsere Mitarbeiter werden nie in der Früh aufstehen und ihr Unternehmen ist über Nacht an einen Hedgefonds verkauft worden. Denn unsere Eigentümer kommen aus der Region.“
Der Leiter des Kompetenzzentrums Genossenschaft und zugleich stv. Generalsekretär im Österreichischen Raiffeisenverband, Justus Reichl, brachte es für die neuen Jung-Miteigentümer und -Funktionäre auf den Punkt: „Genossenschaft ist das Gegenmodell zur Haltung ,Da müsste man einmal etwas tun‘ – weil die Mitglieder eben selbst Verantwortung übernehmen. So wie hier und jetzt in St. Florian. Dabei haben Genossenschaften immer das Ziel, wirtschaftlichen Erfolg und soziale Verantwortung zu verbinden“, so Reichl. „Daher ist es gut, dass ihr in der Schule schon hineinschnuppert und dann später daheim Dinge miteinander umsetzt. Denn in jeder Region gibt es etwas, wo man etwas tun müsste – und wo ihr es dann vielleicht gemeinsam wagt.“
Weitere Schülergenossenschaften in Österreich
- Einkauf und Vertrieb von Funktionskleidung an der HBLA für Forstwirtschaft Bruck an der Mur
- Kerzen aus nachhaltigem Bienenwachs an der Agrar-HAK Ried
- Regionaler Online-Marktplatz an der Praxis-HAK Völkermarkt
- Frische Säfte statt Limonaden in Plastikflaschen an der HBLFA Francisco Josephinum Wieselburg
- In Salzburg wird Nachhilfe für Schüler organisiert.
- Kostengünstigen Schulutensilien an der BHAK/BHAS Zell am See
- In Wörgl setzt man auf Pflanzenkohle.