Und sie legten ­ihn in eine Krippe

Alle Jahre wieder wird zu Weihnachten die Geburt Christi gefeiert. In der Kunstgeschichte fand die Menschwerdung Gottes über die Jahrhunderte rege Darstellung.

Buchillustration: Christi Geburt: Hortulus Animae (Seelengärtlein), Flandern (Simon Bening und Atelier), zwischen 1510 und 1524
Christi Geburt: Hortulus Animae (Seelengärtlein), Flandern (Simon Bening und Atelier), zwischen 1510 und 1524 (c) Österreichische Nationalbibliothek

Maria, Josef und das von Engeln umschwirrte Jesuskind in der Krippe gemeinsam mit Ochs und Esel, angebetet von den Hirten und/oder von den Heiligen Drei Königen beschenkt: Die Darstellung von Christi Geburt hat im Laufe der Jahrhunderte nicht nur zahlreiche Künstler beschäftigt, sondern auch diverse Variationen erfahren. Erste Motive, die die Geburt Christi betreffen, sind ab dem vierten Jahrhundert in den Katakomben Roms vor allem auf Sarkophagen nachzuweisen. Das Jesuskind fand hier zumeist auf einem Tisch oder Altar liegend seine erste Darstellung. Krippe und Stall erschienen erst später auf der Bildfläche. Inspirieren ließen sich die Künstler von den Landessitten, da die Bibel über das Geschehen bei der Geburt nur wenig Auskunft liefert. Lediglich zwei Evangelisten, Matthäus und Lukas, berichteten über das Ereignis. So heißt es im Lukas-Evangelium: „Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.“ Im Morgenland fand das Paar dem Brauch gemäß Unterschlupf in einer Höhle, während die Hirten, denen im Lukas-Evangelium die Ankunft Jesu von dem Engel verkündigt wurde, den Landessitten üblich in Westrom zum Stall pilgerten. 

Hirten, Ochs und Esel

Auf dem frühchristlichen Bildgeschehen hatte die Anbetung der Hirten – mit ihren für die Zeit typischen Attributen, Exomis Tunika und Pedum, ausgestattet – noch vor Maria Eingang in die Darstellung von Christi Geburt gefunden. Erst mit der Erhebung Marias zur Gottesgebärerin beim Konzil von Ephesos von 431 setzte eine rege Marienverehrung ein und die Mutter Gottes trat von nun an gehäuft an der Seite des Jesuskindes in Erscheinung.

An die Seite des Jesuskindes geschafft hatten es zu jener Zeit auch der Ochs und der Esel. Ableiten lässt sich ihre Anwesenheit anhand von zwei Prophetenstellen. So klagte beispielsweise der Prophet Jesaias „ein Ochs erkennt seinen Herren und ein Esel die Krippe seines Herren. Israel aber hat keine Erkenntnis“. In einer sich im Wiener Kunsthistorischen Museum (KHM) befindlichen aus dem (vermutlich) 8. Jahrhundert stammenden Schatulle, einer sogenannten Pyxis, aus Elfenbein sind Ochs und Esel zusammen mit Maria und dem Jesuskind auf ihrem Schoß zu sehen. 

Ebenfalls von dem unbekannten Künstler abgebildet wurden die im Matthäus-Evangelium erwähnten Magier (Magoi), die im Laufe der Geschichte zu den Heiligen Drei Königen wurden sowie Salome. Die Legende der Hebamme, die sich nach der Geburt von Marias Unbeflecktheit überzeugte, fand zunächst aufgrund der apokryphischen Literatur (zuerst im sogenannten Protevangelium) Verbreitung. Bereits seit dem 4. Jahrhundert begann in orientalischen Gemeinden die ausgeschmückte Salomelegende und die Geschichte rund um die Magier sich großer Beliebtheit zu erfreuen. Die Magier und der sie leitende Stern fand früh auch Aufnahme in der weströmischen Sarkophargkunst. 

Die Anbetung der Könige

Mit der Zeit sollte es zu einer Trennung der Geburtenszene und der Anbetung durch die Heiligen Drei Könige kommen. Noch findet man derlei Darstellungen vor allem auf Altären. Zu den bekanntesten zählt der im Stephansdom aufgestellte Wiener Neustädter Altar von 1447. Auf dem linken Seitenflügel unten wurde die Geburt Christi gestaltet, während auf dem rechten Seitenflügel unten die Anbetung der Könige zu sehen ist – beide Darstellungen finden sich noch einmal auf dem rechten Predellenflügel. 

Dargestellt ist wie seit dem sechsten Jahrhundert üblich auch Josef. Der Ziehvater Jesu sitzt hier still und in Gedanken versunken. Eine Komposition, wie sie sich unter anderem auch auf dem spätgotischen Flügelaltar der Deutschordenskirche im Kärntner Friesach und in der mittelalterlichen Buchmalerei – prachtvolle Beispiele finden sich beispielsweise in der Österreichischen Nationalbibliothek – über die Zeit erhalten hat. Auf späteren Darstellungen tritt Josef oftmals aktiver in Erscheinung. So eilt er beispielsweise auf dem Tafelbild „Die Vision der schmerzlosen Geburt Christi“, welches ein unbekannter Künstler um 1440 geschaffen hat (in Besitz der „Alten Galerie“ in Graz), nach der Versorgung der Tiere mit einer angezündeten Kerze zu Maria. Das Jesuskind selbst ist statt in einer Wiege auf dem Boden liegend abgebildet. Ein Motiv, das in Anlehnung an die Vision der heiligen Birgitta, die 1371 bis 1373 das Heilige Land bereiste, Eingang in die abendländische Kunst fand und sich großer Beliebtheit erfreute. 

Das Licht der Welt

Auch in der „Österreichischen Galerie Belvedere“ befinden sich mehrere Arbeiten, die Christus auf dem Boden, auf einem Mantel liegend und mit Strahlenkranz, zeigen. Neben dem zunehmenden Eingang von Engeln, die in Genreszenen mitunter gar Windeln waschen (wie beispielsweise im Gemälde „Heilige Familie am Feuer“ von Jan Cornelisz Vermeyen von 1532/33), erfreuten sich auch Nachtdarstellungen, in der Jesu als „Licht der Welt“ betont wird, großer Beliebtheit. 

Beispiele finden sich mit Gerard Davids – in Anlehnung an eine von Hugo van der Goes im dritten Viertel des 15. Jahrhunderts geschaffene Komposition – oder Albrecht Altdorfers „Geburt Christi“ im KHM. Bekannt ist auch Rubens „Geburt Christ“, von dem eine Radierung in der Sammlung Liechtenstein verwahrt wird. In der Moderne spielt die Darstellung von Christi Geburt in der Kunst keine allzu große Rolle mehr. Andere Motive wie beispielsweise die Passion sind vorherrschend. Mit der „Legende (Anbetung der Engel in Grün)“ befindet sich beispielsweise eine Bearbeitung des Themas von Adolf Hölzl im Belvedere. In der Volkskunst erfreut sich die Geburt Christi in Form der Weihnachtskrippe nach wie vor reger Verbreitung.