Lohnnebenkosten vertreiben Saisonarbeiter

Österreichs Obst- und Gemüsebauern kämpfen um ihre Erntehelfer. Eine Studie belegt massive Benachteiligungen am europäischen Arbeitsmarkt. Mittelständische Unternehmen wie Efko fürchten um ihre Wettbewerbsfähigkeit.

Bei Österreichs größtem Sauergemüsehersteller Efko ist die Gurkenernte Handarbeit
Bei Österreichs größtem Sauergemüsehersteller Efko ist die Gurkenernte Handarbeit. © Efko

17,90 Euro kostet einem österreichischen Landwirt die effektive Arbeitsstunde eines Saisonarbeiters. Nach Abzug aller Abgaben bleiben diesem 9,50 Euro. In Deutschland, wo es eine spezielle Regelung für kurzfristig Beschäftigte gibt, zahlt der Arbeitgeber nur 14,30 Euro. Dem Saisonarbeiter bleiben aber 11,40 Euro. Das ist das Ergebnis einer Studie, die nun die KMU Forschung Austria vorgelegt hat. „In Österreich sind die Kosten also um 25 Prozent höher, die Arbeiter bekommen aber 20 Prozent weniger heraus“, resümierte Studienautor Wolfgang Ziniel bei deren Präsentation in der Unternehmenszentrale der Efko Frischfrucht und Delikatessen in Eferding.

Die oberösterreichischen Gemüsebauern, die die Genossenschaft beliefern, sind von der Diskrepanz besonders betroffen, weil sie sehr handarbeitsintensive Kulturen bewirtschaften. „Die Ernte­helfer fahren hundert Kilometer weiter und verdienen dort mehr“, erklärte Franz Waldenberger, Präsident der Landwirtschaftskammer OÖ, das Dilemma. Letztlich sei es notwendig, die Leute zu überzahlen, damit ihr Nettolohn attraktiv bleibt. Diese zusätzliche Kostenbelastung schafft aber weitere Benachteiligungen am Markt. Einlegegurken für den Preiseinstieg – das günstigste Segment – kommen deshalb aus der Türkei und aus Indien. Der Selbstversorgungsgrad ist von 80 auf 40 Prozent zurückgegangen. Ähnlich ist es laut Waldenberger beim Spargel: In Deutschland beträgt der Selbstversorgungsgrad 80 Prozent, in Österreich unter 40, obwohl die Anbaubedingungen zumindest in der Saison eine vollständige Eigenversorgung erlauben würden.

Kurze Saison im Freiland

Von den rund 5.000 Saisonbeschäftigten Oberösterreich kommen 3.500 nicht aus der EU. 2.000 davon stammen aus der Ukraine, 1.000 aus dem Kosovo. Darüber hinaus gibt es aber auch kreative Modelle der Arbeitskräftebeschaffung. Der Puppinger Gemüsebauer Ewald Mayr lässt beispielsweise Helfer aus Vietnam einfliegen: „Zwei Drittel meiner Arbeiter sind von dort, dazu kommen noch ein paar afghanische Flüchtlinge und Kosovaren.“ Letztere sein aber aktiv aus Deutschland abgeworben worden und die Asylwerber würden sich zumeist attraktivere Jobs suchen, sobald sie eine Aufenthaltsbewilligung haben. Kollegen würden aktuell gerade versuchen, Arbeiter aus den Philippinen ins Land zu bringen. Die Herausforderung ist aber immer auch, dass die Saison im Freiland kurz ist. Wer nur Erdbeeren oder Gurkerl hat, kann keine lange Beschäftigungsdauer anbieten.

Der Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich, Josef Moosbrugger, warf bei der Studienpräsentation einen Blick über die Grenzen und forderte wirksamen Maßnahmen zur Lohnnebenkostensenkung: „Deutschland hat mit seinem sozialabgabenbefreiten 70-Tage-Modell einen entscheidenden Vorteil. Für ganz Südtirol ist wiederum eine Reduktion der Arbeitgeberbeiträge von 75 Prozent vorgegeben.“ Diese werden vom Staat übernommen. Moosbrugger verlangte für Österreich eine Kombination der beiden Modelle. Schon 2017 hätten die vier Präsidenten der Sozialpartner gemeinsam Entschärfungen für Saisonarbeiter gefordert. Aktuell gebe es dazu keine Gespräche mit dem Bund. „Wir erwarten aber eine klare Positionierung in einem kommenden Regierungsprogramm.“

Saisonarbeiter sind unersetzbar bei Spezialkulturen

Keine kurzfristigen technischen Neuerungen, die den Bedarf an händischer Arbeit kurzfristig reduzieren werden, erkannte der Obmann des Österreichischen Branchenverbandes für Obst und Gemüse, Manfred Kohlfürst: „Gerade bei Spezialkulturen ist die fachkundige manuelle Arbeitskraft weiterhin unersetzbar.“ Der Trend zu biologischen Produkten hat den Aufwand in der Produktion sogar noch erhöht, weil zum Beispiel Beikräuter nicht einfach gespritzt werden können. Zudem wächst der Druck, weil es in den osteuropäischen Ländern Produktionszuwächse gibt. In Ländern wie Polen oder Rumänien sind die Lohnkosten nochmals deutlich niedriger als bei den deutschen Nachbarn.

Für Efko bedeutet die hohe Kostenbelastung der heimischen Produktion, dass man im Preiseinstieg nicht mitmischen kann. „Auch im Export sind wir nicht konkurrenzfähig. Zum Glück haben wir unsere Markenleuchtturm Efko“, meinte Geschäftsführer Klaus Hraby. Die Genossenschaft übernimmt von ihren Mitgliedern jährlich rund 90.000 Tonnen an Obst und Gemüse und verarbeitet daraus 52.000 Tonnen Einlegegemüse. Der Marktanteil mit Efko und dem ebenfalls zum Haus gehörigen Machland beträgt 52 Prozent. „Wir brauchen aber Chancengleichheit, weil es sonst schwierig wird“, so Hraby. In der Corona-Krise sei man als systemrelevant bezeichnet worden. „Jetzt ist sie vorbei und es ist wieder alles wurscht.“