Startschuss zur Mission Deutschland

In Linz beginnt’s: Mit den Heimspielen gegen Aserbaidschan und Estland startet das österreichische Fußball-Nationalteam die Qualifikation für die EURO 2024. Obwohl Teamchef Ralf Rangnick davor warnt, die Gegner zu unterschätzen, will er mit sechs Punkten aus den Startlöchern kommen.

Beim Testspiel gegen Europameister Italien zu Jahresende hat das Nationalteam rund um David Alaba, Maximilian Wöber, Marcel Sabitzer und Marco Arnautovic gezeigt, was alles möglich ist.
Beim Testspiel gegen Europameister Italien zu Jahresende hat das Nationalteam rund um David Alaba, Maximilian Wöber, Marcel Sabitzer und Marco Arnautovic gezeigt, was alles möglich ist. © GEPA Pictures/Johannes Friedl

Jetzt geht’s (endlich) los: Nach sechs Nations-League- und zwei Freundschaftsspielen startet für Teamchef Ralf Rangnick die erste große Mission: die Qualifikation zur EURO 2024, die ausgerechnet in Rangnicks Heimat Deutschland stattfindet. „Wir sind froh, dass nun der Ernstfall beginnt und freuen uns unbändig darauf, mit diesen wichtigen Spielen loslegen zu können“, sagt der 64-Jährige, der sein Team am kommenden Montag zur Vorbereitung in Windischgarsten zusammenzieht. 

Dabei will er erst gar nicht den Verdacht aufkommen lassen, den 121. (Aserbaidschan) und 109. (Estland) der FIFA-Weltrangliste zu unterschätzen. „Wir haben uns intensiv mit diesen beiden Mannschaften auseinandergesetzt, Informationen gesammelt, Video-Material gesichtet. Das sind keine Gegner, die man im Vorbeigehen schlägt.“ Nachsatz mit festem Blick: „Aber natürlich ist es unser klares Ziel, mit sechs Punkten in die Qualifikation zu starten. Deswegen wird es auch keine Experimente mehr geben, wir werden mit der bestmöglichen Aufstellung an diese Aufgaben herangehen.“

Portion Optimismus

Dabei gibt es durchaus Anlass, mit einer starken Portion Optimismus in diese Begegnungen zu gehen. Seit Rangnick das Zepter beim ÖFB übernommen hat, hat die Mannschaft bewiesen, auch gegen höher eingeschätzte Gegner auf Augenhöhe mithalten zu können. Kroatien wurde auswärts mit 3:0 besiegt, dem späteren Vize-Weltmeister Frankreich daheim ein 1:1 abgetrotzt. Das beste Spiel gelang allerdings zum Jahresausklang, als Europameister Italien im Ernst-Happel-Stadion mit 2:0 besiegt wurde. Und das nicht etwa mit Glück, sondern völlig verdient. „Dieses Spiel hat gezeigt“, frohlockt Rangnick, „dass wir jedem Gegner große Probleme bereiten können, wenn wir unseren Fußball auf den Platz bringen. Daran müssen wir uns orientieren.“

Die weiteren Gegner auf dem Weg nach Deutschland heißen Belgien und Schweden, auf die man im Juni treffen wird. Um es zur EM zu schaffen, muss einer der ersten beiden Plätze in der Gruppe belegt werden, als Drittplatzierter gibt es – im Gegensatz zu vorigen Qualifikationen – keine Chance mehr, noch durch eine Play-off-Hintertür gehen zu können. „Ich gehe von einer interessanten und spannenden Gruppe aus, in der man keinen Gegner auf die leichte Schulter nehmen darf. Wenn das in allen Köpfen verankert ist, stehen die Erfolgschancen gut“, so Rangnick.

Keine Frage: Für den früheren Trainer von Manchester United, RB Leipzig oder Schalke 04 ist es eine ganz besondere Mission, das ÖFB-Team zum Turnier in sein Heimatland zu führen. Und zwar nicht nur, weil er dort selbst oft zum engen Kandidatenkreis gehörte, wenn dort ein Teamchef oder wie zuletzt ein neuer Team-Manager gesucht wurde. „Wir müssen nicht lange drum herumreden: Für Ralf und sein Trainerteam ist das eine extra Portion Motivation“, lässt ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel keinen Zweifel. 


Das sind keine Gegner, die man im Vorbeigehen schlägt.

Ralf Rangnick

Doch auch für viele Spieler ist es die Gelegenheit, sich in ihrer Wahlheimat auf ganz großer Bühne zu präsentieren. Von dem Kader, den Rangnick am vergangenen Dienstag für die beiden Quali-Spiele einberief, verdienen neun ihr Geld im Nachbarland. Nimmt man verletzte und derzeit nicht berücksichtigte Akteure dazu, sind es weit mehr als ein Dutzend. Schöttel: „In Zeiten, wo sich vieles auf ähnlichem Niveau abspielt, können solche Softfacts manchmal ausschlaggebend sein. Ich bin überzeugt davon, dass wir daraus einen kleinen Vorteil ziehen können.“

Hexenkessel in Linz

Diesen soll auch die neue temporäre Heimstätte bieten. Wissend, dass Wiener Happel-Stadion gegen diese Gegner nicht voll zu bekommen, entschied sich der ÖFB, nach Linz zurückzukehren. Genauer gesagt in die brandneue Raiffeisen Arena, in der Gastgeber LASK bis dato gerade einmal zwei Heimspiele austrug (gegen Lustenau und Salzburg) und die mit einer Kapazität von 17.000 Zuschauern (für internationale Begegnungen) in diesem Fall genau richtig dimensioniert ist. „Wir erwarten uns einen brodelnden Hexenkessel“, verrät ÖFB-Generalsekretär Bernhard Neuhold. Und verweist darauf, dass das erste Spiel gegen Aserbaidschan (Freitag, 24. März) nur wenige Stunden nach Beginn des freien Verkaufs bereits ausverkauft war. Und auch gegen Estland am darauffolgenden Montag gibt es nur noch wenige Resttickets. 

Ein untrügliches Zeichen, dass die Fans, zumindest in Oberösterreich, wieder richtig Lust auf das Nationalteam haben. Dabei lassen sie sich auch nicht davon abschrecken, dass zuletzt der Verletzungsteufel rund um die Mannschaft sein Unwesen trieb. Mittelfeld-Arbeitsbiene Xaver Schlager fällt mit einer Knieverletzung für den Rest der Saison aus, Kapitän David Alaba ist mit einer Muskelverletzung höchst fraglich. Dennoch hat der Real-Madrid-Legionär signalisiert, auf jeden Fall zum Team kommen zu wollen. „Ein tolles Zeichen“, findet Rangnick, der sich auch damit abfinden muss, dass Schlüsselspieler Marko Arnautovic erst verletzt und dann bei seinem Klub Bologna aufs Abstellgleis geraten war. „Aufgrund seiner herausragenden Leistungen bei uns habe ich trotzdem nie daran gezweifelt, ihn zu nominieren“, macht Rangnick unmissverständlich klar.

Er weiß: Es braucht einen Schulterschluss aller Beteiligten, um das große Ziel zu erreichen und nicht mit einem Fehlstart in die Mission Deutschland zu starten. Und Ralf Rangnick wäre nicht Ralf Rangnick, wenn er nicht auch den einen oder anderen neuen Reiz setzen würde. Aus der zweiten deutschen Bundesliga (Darmstadt 98) nominierte er Mittelfeldspieler Mathias Honsak, von Rapid Wien Außenverteidiger Jonas Auer. Spieler, die noch nie das Trikot des Nationalteams überstreiften, die aber für frischen Wind sorgen sollen. „Honsak bringt als Offensivspieler ein Element mit, das wir nicht so oft haben, nämlich Wucht, Dynamik und Tiefenläufe“, sagt der Teamchef. Und baut darauf, dass sein ganzes Team mit Wucht und Dynamik, vor allem aber erfolgreich in die Mission Deutschland startet.